In einem Mail, das ÖSTERREICH zugespielt wurde, erhebt ein Staatsanwalt Vorwürfe gegen die Justiz.
In einem Wut-Mail, das ÖSTERREICH zugespielt wurde, regt sich ein Staatsanwalt über das Verhalten von Justiz-General Pilnacek im Zuge des Strafverfahrens gegen die Meinl Bank auf. 2014 hätten die zuständigen Staatsanwälte in einer Dienstbesprechung, einen Haftbefehl gegen den Vorstand der Meinl Bank, Peter Weinzierl, besprochen. Doch die Oberstaatsanwaltschaft und Pilnacek hätten entschieden, "das Vorhaben auf Festnahme wird nicht zur Kenntnis genommen".
Darin sieht der Staatsanwalt in seiner Wut-Mail eine Weisung Pilnaceks: "In ganz Österreich gibt es wohl keinen Staatsanwalt (einer weisungsgebundenen Behörde), der im Rahmen eines Vorhabensberichtes die Aussage 'wird nicht zur Kenntnis genommen' anders interpretiert als als Weisung!"
Kommunikationsproblem oder Weisung?
Die Staatsanwälte hätten im Anschluss an die Besprechung ein Protokoll, in dem die "Weisung" festgehalten wurde, wie gesetzlich vorgesehen, zum Akt gegeben – zum "Missfallen" Pilnaceks. Dieser habe versucht, das Protokoll als unrichtig darzustellen und es zu ersetzen. Die Festnahmeanordnung sei von der Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien schlicht "nicht aufrechterhalten worden", heißt es in einem Bericht zur Sitzung. Pilnacek habe von einem Kommunikationsproblem gesprochen.
In der Wut-Mail eines Staatsanwaltes heißt es dazu: "Faktum ist: Das Protokoll ist richtig, wurde erstellt, unterfertigt und den Teilnehmern zugesandt. Nicht alle Anwesenden werden den Inhalt leugnen und sich der damit verbundenen Gefahr aussetzen, selber Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens zu werden, nicht alle werden sich genau erinnern können."
Pilnaceks Motto sei "lügen, lügen, lügen"
Pilnaceks Motto sei "Lügen, lügen, lügen", schreibt der Staatsanwalt weiter. Der Justiz-General habe nur versucht, "seinen Arsch zu retten" und "euch anzupatzen", heißt es in der Wut-Mail an die Kollegen.
"Wir haben uns immer im Rahmen der Legalität bewegt und werden es auch in Zukunft tun!", schreibt er am Ende seiner Mail. "Es ist und war kein Kommunikationsproblem. SC Pilnacek soll endlich die Verantwortung für sein Handeln tragen (auch wenn er sich für unantastbar hält)."
Seine Rechtfertigung, ein "Kommunikationsproblem zu kommunizieren, um Schaden von der 'gesamten Justiz' abzuhalten (welches er mit Drohungen untermauert hat), dient einzig und allein dazu, Schaden von seiner Person und seinem Handeln abzuhalten!!!!"
Pilnacek dementiert
Pilnacek sagt gegenüber oe24 in einer Stellungnahme, dass die Ausführungen des Staatsanwaltes nicht den Tatsachen entspreche, dass das Vorhaben der Staatsanwaltschaft Wien, eine Festnahmeanordnung gegen MMag. P.W. zu erlassen, anlässlich einer Dienstbesprechung im Oktober 2014 abgelehnt worden wäre. "Im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage haben zunächst die Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien und in weiterer Folge der zuständige Sektionschef ihre rechtlichen Bedenken gegen die von der Staatsanwaltschaft Wien beabsichtigte Vorgangsweise geäußert. Nach eingehender Diskussion wurde mit der Staatsanwaltschaft Wien Übereinstimmung dahingehend erzielt, dass die Erlassung einer Festnahmeanordnung nicht in Betracht kommt", so Pilnacek in einer Stellungnahme.
Die zuständigen Sachbearbeiter der Staatsanwaltschaft Wien hätten zum Verlauf der Dienstbesprechung in der Niederschrift lediglich festgehalten, dass das ursprüngliche Vorhaben „nicht zur Kenntnis genommen“ worden sei. "Dies bezog sich de facto jedoch nur auf die inhaltliche Beurteilung ihres ursprünglichen Vorhabens durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und das Bundesministerium für Justiz und war insofern unvollständig, als die letztendlich erzielte Übereinstimmung über die weitere Vorgangsweise dadurch nicht zum Ausdruck gekommen ist. Nach einvernehmlicher Klärung dieses offenbar entstandenen Auffassungsunterschiedes über die Protokollierung war die Erteilung einer schriftlichen Weisung nicht erforderlich. Eine solche Weisung hätte entsprechend der inhaltlich vertretenen Positionen durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien - nach Genehmigung durch das Bundesministerium für Justiz - zu erfolgen gehabt", sagt der Pilnacek.
Weiters erklärt er, dass im Bericht der StA Wien vom 22. Dezember 2014 mit der Niederschrift der „mündlichen Erörterung“ vom 17. Dezember 2014 die StA Wien festhalte, dass in Bezug auf Punkt 2. der Niederschrift über die Dienstbesprechung vom 16. Oktober 2014 eine einvernehmliche Rechtsauffassung dahingehend erzielt worden sei, als dieser Punkt den Geschehensablauf nicht vollständig wiedergebe und insofern objektiv unrichtig sei: Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage sei das Vorhaben, eine Festnahmeanordnung betreffend MMag. P.W. zu erlassen, von (der Leiterin) der StA Wien nicht aufrechterhalten worden. Sohin sei ein Vorhaben durch die Leitung der zuständigen Staatsanwaltschaft nicht formuliert worden.