Strache im ÖSTERREICH-Interview: 'Brauche keinen, der mir sagt, wie ich zu denken und zu handeln habe.'
Wien/Budapest. Mit deutlichen Worten reagiert Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) auf Kritik an seiner Partei, die in den vergangenen Tagen auch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geübt wurde. Strache im Interview für die Sonntagsausgabe der Tageszeitung ÖSTERREICH: "Wir sind zwei unterschiedliche Parteien, die auf Augenhöhe und mit Respekt zusammenarbeiten, aber natürlich sehr unterschiedlich sind. Er findet einiges bei uns nicht gut. Ich finde einiges in der ÖVP nicht gut. Ich könnte auch einiges an den VP-Landeshauptleuten, die den Regierungskurs immer wieder konterkarieren, rügen. Als Parteichef brauche ich aber niemanden, der mir sagt, wie ich zu denken oder zu handeln habe. Wir beide sind schon lange aus der Schule raus und brauchen daher beide keinen Oberlehrer, der uns öffentlich etwas ausrichtet."
Er, Strache, werde sich auch künftig seine Wortwahl nicht vorschreiben lassen: "Es gibt eine schleichende Islamisierung, einen Bevölkerungswechsel bzw. eine Bevölkerungsverdrängung. Ich werde mir hier den Mund nicht verbieten lassen."
Das ganze Interview hier:
ÖSTERREICH: In unserer aktuellen Umfrage liegt die FPÖ drei Wochen vor der EU–Wahl mit 23 Prozent auf Platz drei, aber durch die statistische Schwankungsbreite noch im Spiel um Platz eins. Sehen Sie Chancen auf den ersten Platz?
Heinz–Christian Strache: Unser Ziel ist es deutlich prozentuell zuzulegen, denn wir wollen eine starke Österreichvertretung sein und in der EU mit unseren Europäischen Partnern etwas verändern. Wir haben ja ein Alleinstellungsmerkmal. Im Unterschied zur SPÖ und dem VP–Kandidaten Karas wollen wir keine zentralistische bundesstaatliche EU, sondern ein föderales Europa der Vaterländer. Weniger EU, mehr Österreich.
ÖSTERREICH: Sie führen einen sehr aggressiven Wahlkampf, der ganz im Stil der FPÖ aus Oppositionszeiten ist. Glauben Sie, dass Sie mit diesen Sagern dazu gewinnen werden?
Strache: Ich zähle auch alle Maßnahmen auf, die wir zum Wohl der Bevölkerung in der Bundesregierung bereits durchgesetzt haben. Und dies alles ist nicht aggressiv. Aber ja, ich werde attackiert, weil ich vom Bevölkerungsaustausch geredet habe und die Linke Sprachpolizei das als böses Wort verbieten will. Nur dann sollte die Linke Sprachpolizei auch die UNO maßregeln, weil diese von „replacement migration“ redet und diesen Bevölkerungsersatz aus demographischen Gründen fordert. Wir Freiheitliche verwenden diesen Begriff seit dem „Österreich zuerst“–Volksbegehren 1993. Aber mir geht es nicht um Wortklauberei, sondern um Fakten. Mir geht es um die Realität. Durch die unverantwortliche Zuwanderungspolitik der Sozialisten und auch der alten ÖVP in den letzten Jahrzehnten ist die autochtone Bevölkerung in manchen Ballungszentren bereits zur Minderheit im eigenen Land geworden ist. Es gibt eine schleichende Islamisierung, einen Bevölkerungswechsel bzw. eine Bevölkerungsverdrängung. Ich werde mir hier nicht den Mund verbieten lassen.
ÖSTERREICH: Sie sagen „die linke Sprachpolizei“ würde diesen Begriff verbieten ...
Strache: ...ja, das ist ja offensichtlich, weil da weiter eine ideologische Realitätsverweigerung betrieben wird.
ÖSTERREICH: Gehört Marine Le Pen, die bekanntlich sehr Migrationskritisch ist, dann auch dieser Linken Sprachpolizei an? Sie hat erklärt, dass sie diesen Begriff – im Unterschied zu ihrem Vater und französischen Rechtsextremisten – nicht verwenden will, weil er eine Verschwörungstheorie sei.
Strache: Es gibt keine Verschwörung. Das wäre natürlich eine völlig absurde und abzulehnende Behauptung. Dieser Bevölkerungswechsel ist durch Unvermögen, durch das Versagen und die falsch verstandene Toleranz der Linken verursacht worden. Denn die politisch Linke und auch sogenannte Wirtschaftsparteien haben Massenzuwanderung und Multi-Kulti immer politisch vorangetrieben. Die schleichende Islamisierung ist durch Zahlen belegbar.
ÖSTERREICH: Wissen Sie wie viele Muslime es in Österreich gibt? Acht Prozent. Das ist nicht gerade eine Mehrheit, oder?
Strache: 1973 gab es nur 0,3 Prozent an Muslimen, heute sind es bereits acht Prozent in Österreich, und laut einer Studie der Akademie der Wissenschaften würde der Anteil an Muslimen in Österreich bis 2045/2050 auf über 20% und in Wien sogar auf über 30% Prozent anwachsen, wenn man diese unverantwortliche Zuwanderungspolitik nicht stoppt. Das heißt in machen städtischen Bereichen sind die Österreicher bereits eine Minderheit (auch an öffentl. Volksschulen und NMS). Und dies kann sich in wenigen Jahrzehnten rasch weiter so entwickeln.
ÖSTERREICH: Das wäre immer noch keine Mehrheit und die FPÖ ist doch in der Regierung. Also warnen Sie nicht vor etwas, dass Sie ohnehin bereits verhindern?
Strache: Es ist unser Ziel das Erbe der rot-schwarzen Zuwanderungspolitik zu korrigieren und aus islamischen Ländern Zuwanderung zu stoppen und die Integration voranzutreiben. Und deswegen werde ich mir auch nicht den Mund verbieten lassen.
ÖSTERREICH: Ihr EU–Kandidat Vilimsky meinte nach einem kritischen Interview von Armin Wolf, dass er – wenn er ORF–Chef wäre – Wolf ablösen würde. Wieso kann die FPÖ so schlecht mit Kritik umgehen?
Strache: Die Gefahr besteht zum einen nicht, weil Harald Vilimsky sicher nicht ORF–Chef wird. Das kann ich Ihnen garantieren. Aber sachlich, war das auch nicht, was Wolf gemacht hat. Er hat eine Karikatur einer Jugendorganisation mit einem manipulativen Ausschnitt gezeigt, in dem das Moscheen-Minarett nicht zu sehen war und dieses dann mit dem NS-Stürmer verglichen. Das war ein widerlicher und empörender Vergleich, weil es in dem Bild der FPÖ–Jugend eindeutig um Islamisten (erhobener IS-Zeigefinger) ging. So etwas hat in einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht zu passieren. Politiker müssen sachliche Kritik aushalten, genauso wie Journalisten sachliche Kritik aushalten müssen.
ÖSTERREICH: Jemanden mit Ablöse drohen, hat aber wenig mit sachlicher Kritik zu tun, oder?
Strache: Drohungen haben da generell nichts verloren, aber das berechtigte Einmahnen von Objektivität beim ORF ist sicher legitim. Ich würde Harald Vilimsky und Armin Wolf empfehlen auf ein Bier zu gehen und sich die Angelegenheit in guter österreichischer Tradition auszureden. Es hat ja auch die NZZ geschrieben, dass das keine journalistische Sternstunde von Wolf gewesen sei.
ÖSTERREICH: Die NZZ hat vor allem geschrieben, dass Wolf der FPÖ damit in die Hände gespielt habe. Sie profitieren von dieser Aufregung, oder?
Strache: Die NZZ hat geschrieben, dass es keine journalistische Sternstunde von Wolf war und, da haben Sie Recht, viele Zuschauer waren zu Recht über Wolf empört und haben sich mit Vilimsky solidarisiert, weil es nicht in Ordnung war, was da gemacht wurde. Und wer als ORF-Journalist Politik betreiben will, kann ja für eine Partei zur Wahl antreten.
ÖSTERREICH: Die deutschen Zeitungen Bild, FAZ und Welt – um nur die explizit keinesfalls linke Blätter zu nennen – sehen durch die FPÖ–Angriffe auf den ORF die Pressefreiheit in Österreich in Gefahr.
Strache: Und der Ex-RTL-Chef Helmut Thoma hat Wolf auch kritisiert und gesagt, dass es unter Bacher sicher Konsequenzen gegeben hätte. Aber die Österreicher verzichten gerne auf deutsche Einmischungen. Die Pressefreiheit und Meinungsfreiheit ist ein hohes und wichtiges Gut, das ganz sicher in Österreich nicht in Gefahr ist. Ich sehe jedoch die Objektivität im ORF in Gefahr. Schauen Sie sich einfach die letzten Personalvertretungswahlen im ORF an. Da hatten 80 Prozent Rot–Grün gewählt. Das ist nicht gerade ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung bzw. ein Zeichen für Meinungsvielfalt und Objektivität dort.
ÖSTERREICH: Die meisten deutschen Medien haben auch die blauen Einzelfälle scharf kritisiert. Der FPÖ wird vorgeworfen sich nicht genug vom Rechtsextremismus abzugrenzen. In einem Kommentar wurden Sie als Rechtsextremer bezeichnet. Was lösen solche Berichte in Ihnen aus?
Strache: Ich bin es gewohnt seit Jahren durch den politischen Mitbewerber diffamiert zu werden. Gerade bei Extremismus und Antisemitismus habe ich immer konsequent durchgegriffen. Diese gezielten Angriffe auf uns wirken schon ein wenig nach der Handschrift von Tal Silberstein Methoden.
ÖSTERREICH: Sie glauben Tal Silberstein oder die Opposition steuert alle deutschen Kollegen damit die kritisch über die FPÖ schreiben?
Strache: Nein, aber es wird ein einseitiges, falsches und diffamierendes Bild von uns transportiert.
ÖSTERREICH: Am Montag besuchen Sie und Vilimsky Viktor Orban in Budapest. Was sind Sinn und Zweck dieser Visite?
Strache: Ich habe Premierminister Orban ja bereits in Wien getroffen und mir sind gute nachbarschaftliche und freundschaftliche Beziehungen sehr wichtig. Ich schätze Viktor Orban sehr, daher freue ich mich auf diesen Besuch. Orban war jener europäische Politiker, der 2015 im Unterschied zu den ganzen Willkommensklatschern geholfen hat, diese illegale Masseneinwanderung zu stoppen.
ÖSTERREICH: Es war kürzlich auch Ihr italienischer Partner Salvini bei Orban. Sie wollen, dass die Fidesz von Orban Ihrer EU–Fraktion beitritt, oder?
Strache: Wir haben in diesem EU–Wahlkampf die historische Chance, dass sich die drei bisherigen patriotischen Freiheitsfraktionen zu einer großen gemeinsamen Fraktion zusammenschließen könnten. Daher ist es uns auch wichtig bei der EU–Wahl dieses gemeinsame patriotische Fraktionsprojekt zu unterstützen. Wir könnten so viele Mandatare in dieser EU–Fraktion erreichen wie noch nie und zweitstärkste Europa-Fraktion werden. Und ich würde mich natürlich freuen, wenn sich Viktor Orbans Fidesz führend bei uns einbringen würde.
ÖSTERREICH: Kanzler Kurz hat Sie zuletzt mehrmals öffentlich gerügt. Ärgert Sie das nicht?
Strache: Wir sind zwei unterschiedliche Parteien, die auf Augenhöhe und mit Respekt zusammenarbeiten, aber natürlich sehr unterschiedlich sind. Er findet einiges bei uns nicht gut. Ich finde einiges in der ÖVP nicht gut. Ich könnte auch einiges an den VP–Landeshauptleuten, die den Regierungskurs immer wieder konterkarieren, rügen. Als Parteichef brauche ich aber niemanden, der mir sagt, wie ich zu denken oder zu handeln habe. Wir beide sind schon lange aus der Schule raus und brauchen daher beide keinen Oberlehrer, der uns öffentlich etwas ausrichtet.
Interview: Isabelle Daniel