Kinder-Abschiebung sorgt für eine Koalitionskrise, die sich gewaschen hat.
Wien. Die Grünen ballen die Faust in der Tasche, wüten verbal in Richtung des Koalitionspartners – bleiben aber am Ministerratstisch sitzen. Mitten in der Corona-Krise wollen weder ÖVP noch Grüne die Regierung platzen lassen. Die Affäre rund um die Abschiebung von in Österreich geborenen Kindern bringt die türkis-grüne Koalition aber an den Rand des Abgrunds.
„Unmenschlich“. ÖVP-Innenminister Karl Nehammer hatte zwar seinem Regierungsgegenüber Werner Kogler eine Prüfung der Fälle zugesagt – abgeschoben wurde trotzdem. Seitdem eskaliert die Sache: Kogler nannte Nehammer „unmenschlich“ – das war noch abgesprochen. Als aber der Bundespräsident den ÖVP-Minister ebenfalls angriff, VP-Klubchef August Wöginger konterte und Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer Nehammer „Heuchelei“ vorwarf, eskalierte die Sache unkontrolliert. Die Koalitionschefs Sebastian Kurz und Werner Kogler besprachen die Causa mehrfach am Telefon – gelöst hat man sie nicht. Stattdessen ist das Vertrauen zerstört – Grünen-Nationalrat Michel Reimon sagt in Richtung des Partners: „Das wird der ÖVP noch leidtun.“
Abblitzen. Was die Grünen besonders ärgert: Die ÖVP und Nehammer bemühen sich nicht einmal, Reformvorschläge zu diskutieren: Asylgesetze werden nicht geändert – die von Vizekanzler Kogler geforderten Härtefall-Kommissionen seien nicht nötig. Basta.
Türkis-Rot. Gleichzeitig lassen ÖVP-Politiker in diesen Tagen keine Gelegenheit aus, die SPÖ und deren Chefin Pamela Rendi-Wagner zu loben. Auch von engen Kontakten Kurz-Rendi in der Corona-Causa ist die Rede. Was zu Spekulationen über einen fliegenden Wechsel hin zu Rot führt – was die SPÖ aber ablehnt.