Eine prominent besetzte Demonstration vor Abschiebezentrum wurde von Polizei gewaltsam aufgelöst. Jetzt tobt ein Koalitionsstreit.
Wien. Gestern um sieben Uhr Früh hob der Abschiebeflieger von Wien-Schwechat mit 34 Passagieren an Bord ab – unter ihnen auch die 20-jährige Wiener HBLA-Schülerin Sona, die 12-jährige Gymnasiastin Tina, ihre Schwester Lea (5) und die Mutter der beiden Kinder. Weiters an Bord: rechtskräftig verurteilte Vergewaltiger, Einbrecher und Diebe. Sie wurden ebenso nach Georgien beziehungsweise Armenien abgeschoben wie die bestens integrierten jungen Menschen.
Zivilgesellschaft macht gegen Abschiebung mobil
Bevor das Flugzeug abhob und via München die Abschiebedestinationen anflog, demonstrierten mehr als 200 Menschen die ganze Nacht vor dem Schubhaftzentrum in der Zinnergasse in Wien-Simmering für ein Bleiberecht der Wienerinnen. Unter ihnen waren Mitschüler aus der HBLA und dem Gymnasium Stubenbastei, NR-Abgeordnete von Grünen, Neos und SPÖ und der Falter-Chefredakteur Florian Klenk.
Die Polizei löste die Kundgebung um drei Uhr Früh auf. Kurz darauf verließen die Einsatzwägen mit den verängstigten Kindern die Haftanstalt Richtung Flughafen und ungewisse Zukunft.
Koalitionsstreit. Zurück blieben der verzweifelte Vater von Tina und ihrer Schwester, trauernde Mitschüler, Freunde und viel Unverständnis über die Abschiebepraxis. Die Abschiebung sorgte auch für einen handfesten Koalitionskrach zwischen den Grünen und der ÖVP.
Koalitions-Streit um Abschiebung
Nicht nur die Wiener Stadtregierung schießt scharf gegen den VP-Innenminister Karl Nehammer, sondern auch der Koalitionspartner. Der grüne Vizekanzler Werner Kogler: „Dass gut integrierte Mädchen abgeschoben wurden, ist unmenschlich und unverantwortlich.“ Innenminister Karl Nehammer indes verteidigt das Vorgehen: Die Polizei habe die Aufgabe, höchstgerichtliche Entscheidungen umzusetzen. Dem Vernehmen nach habe es fünf negative Asylverfahren gegeben.
VdB-Appell & Konter. Donnerstagabend schaltete sich dann Bundespräsident Van der Bellen ein: Die Abschiebung der Familien mit minderjährigen Kindern mache ihn zutiefst betroffen: „Ich kann und will nicht glauben, dass wir in einem Land leben, wo dies in dieser Form wirklich notwendig ist.“ ÖVP-Klubobmann Wöginger kontert „dem Bundespräsidenten in aller Höflichkeit, die Unabhängigkeit der Justiz zu respektieren und den Höchstgerichten das selbstverständliche Vertrauen entgegenzubringen“.