Die vom Grünen-Chef angekündigte Kommission, die sich um das Kindeswohl bei Entscheidungen zum Asyl- und Bleiberecht befassen soll, kommt bei den Usern in den Sozialen Netzwerken gar nicht gut an. Die meisten sind sich einig: Die Grünen haben sich verraten.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) setzt im Konflikt um Abschiebungen von Minderjährigen eine Kommission ein, die sich mit dem Stellenwert von Kinderrechten und Kindeswohl bei Entscheidungen zum Asyl- und Bleiberecht befassen soll. Die Leitung der Kindeswohlkommission wird die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes und Ex-NEOS-Abgeordnete Irmgard Griss übernehmen. Gemeinsam mit Experten wird sie Empfehlungen erarbeiten, wie Kindeswohl und Kinderrechte stärker berücksichtigt werden können. Ein erster Bericht soll Mitte des Jahres vorliegen und veröffentlicht werden. Die Kommission ist im Justizministerium angesiedelt. Das Ressort wird derzeit von Kogler in Vertretung von Ministerin Alma Zadic, die in Babykarenz ist, geleitet.
Riesen-Shitstorm
Bei den Usern auf Twittern kommt diese Idee aber so gar nicht gut an. Die Grünen kriegen dort nämlich ordentlich ihr Fett weg. Dass sie trotz des Koalitons-Streit aufgrund der Abschiebungen im Nationalrat gegen die Anträge von SPÖ und Neos stimmen, die eine Rückholung der abgeschobenen Jugendlichen forderten, und stattdessen wieder dem Koalitonspartner die Stange halten, sorgt für reichlich Wirbel in der Twitter-Community. "Wenn du nicht mehr weiter weißt: bilde einen Arbeitskreis... ihr seid sooo elendig schwach...zum kotzen", schreibt ein User. "Euch Grünen ist ja echt nicht zu helfen", schreibt ein anderer. "Eine Frühstückskommission ohne Einbindung ist nix als Augenauswischerei. Genieren sollten sie sich für diese Show", heißt es in einem anderen Kommentar. Andere schreiben sogar, dass die Grünen sich "verkauft" hätten.
wenn du nicht mehr weiter weißt: bilde einen Arbeitskreis... ihr seid sooo elendig schwach... zum kotzen ???? (lustig... die Kotze ist grün..)
— Robert (@Robert18756073) February 4, 2021
Wer nicht mehr weiter weiß, bildet einen Arbeitskreis. Euch Grünen ist ja echt nicht zu helfen. ????????♂️
— MaBox7 ???????? (@MaBoXs7) February 4, 2021
Seids ma net bös, des is alle ein bofl, was ihr grünen da macht. Grüne Handschrift? Sehe ich nicht. Ihr habt’s euch verkauft. Ihr ward nie wirklich grün. Eine Leuchte aus diesem Haufen ist zB die Glawischiwaschinig. Menschenrechte sind unumstößlich für euch, dachte ich.
— Thomas Vorstandlechn (@thomvorst) February 4, 2021
Wie wir wieder irgendwas erfinden müssen, was super klingt und sich super verkaufen lässt, anstatt einfach nach Gesetzen zu handeln...Das hält doch kein Mensch mehr aus. Egal in welchem Bereich! Holen Sie die Kinder einfach zurück und hören auf irgendwas zu erfinden. Wahnsinn!
— Sara Tavares da Costa (@SaraATC) February 4, 2021
Es ist traurig, dass die Grünen keine eigene Stärke mehr haben und nur das machen, was die ÖVP will. Heute hätte man Zeigen können, wofür man steht. Die Grünen haben ihr Gesicht verloren. Für mich gibt es keinen Grund mehr diese Partei zu wählen.
— Hedius (@h3dius) February 4, 2021
Und an das muss sich dann wer genau halten? Oder ist das dann eine Empfehlung? So wie wenn die Experten empfehlen keine Massentests zu machen und der Regierungspartner sagt: Ma wurscht!
— yolo (@StefanKarrer) February 4, 2021
EU-Vergleich
Die Kindeswohlkommission wird die aktuelle Praxis in Asyl- und Bleiberechtsverfahren über den gesamten Instanzenzug sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen evaluieren und europäisch vergleichen. Dazu wird Vorsitzende Griss mit Experten aus dem Familien-, Europa-, Asyl- und Bleiberecht in der Kommission zusammenarbeiten. Darüber hinaus soll ergänzend auch die Expertise von Psychologen, Behördenvertretern, Jugendarbeitern, NGOs und Jugendvertretern eingeholt werden.
"Bei Entscheidungen müssen wir immer zuerst an die Rechte und an das Wohl von Kindern denken. Sie müssen im Mittelpunkt stehen, es geht um ihren besonderen Schutz und um ihre Zukunft. Vergangene Woche sind gut integrierte Kinder in ein Land abgeschoben worden, das sie nicht kennen. Das hat uns schmerzhaft vor Augen geführt, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt. Das Kindeswohl muss stärker in der Praxis verankert werden. Genau da wird Irmgard Griss ansetzen. Sie wird unabhängig gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichsten Disziplinen analysieren, wie Kindeswohl in diese weitreichenden Entscheidungen einfließt und die politisch Verantwortlichen und die zuständigen Behörden mit Empfehlungen unterstützen", erklärte Kogler.
Griss: "Es geht darum, Lösungen zu finden"
Griss sprach von einer "wichtigen und absolut notwendigen Aufgabe". "Es geht darum, Lösungen zu finden - denn die Menschen verstehen zu Recht nicht, warum Kinder, die in Österreich aufgewachsen sind, abgeschoben werden. Es ist nicht der Rechtsstaat, der zu unmenschlichem Handeln zwingt. Immer ist es das Parlament, das die Gesetze beschließt, und immer sind es Menschen, Amtsträger, die Gesetze auslegen und auf einen bestimmten Sachverhalt anwenden. Klar ist: Das Kindeswohl steht im Mittelpunkt. Wir müssen alles tun, damit Kinder nicht die Leidtragenden sind", so Griss.
Ähnlich der Bioethikkommission wird die Kindeswohlkommission gemäß Paragraph acht des Bundesministeriengesetzes eingerichtet und berät die Justizministerin bzw. den Justizminister in Vertretung direkt. Um die Arbeit der Kommission zu unterstützen, wird im Justizministerium eine eigene Geschäftsstelle eingerichtet.