Für die Grünen wird die Affäre um die Abschiebung von Schülerinnen und Kindern immer mehr zur Existenzfrage.
Wien. Es ist ein Super-GAU für das durch die Regierungsvereinbarung mit den Türkisen ohnehin schon ramponierte Image der Grünen. Justament beim für die grüne Partei programmatisch essenziellen Asylthema schießt ihnen der Koalitionspartner vor den Bug und lässt bestens integrierte Kinder abschieben. In der Partei gärt es nicht, es herrscht schlichtweg Aufruhr. Das Scheitern der Koalition ist viel mehr als eine vage Befürchtung.
Regierungsbruch. Für den grünen Gemeinderat in Innsbruck, Dejan Lukovic, wäre ein Verlassen der Regierung sogar ein dringendes Gebot, wenn „der Widerstreit gegen die Abschiebepolitik der Türkisen nichts nützt“.
Twitter-Gewitter. Harte Bandagen gegen die grüne Partei gibt es auch vonseiten der angestammten Wählerschaft. Der Social-Media-Kanal Twitter geht über von Aufrufen zum Wahlboykott und Parteiaustritten. Da werden die Grünen in Anspielung an die Umbenennung der Supermarktkette Merkur in Billa Plus als „Türkis Plus“ bezeichnet. Ein User fragt Gesundheitsminister Anschober via Twitter, ob er sich noch in den Spiegel schauen könne. Es ist von Heuchelei und Schande die Rede.
Koalitionskonflikt. Besonders unter Beschuss ist dabei die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer, die auf ihren Social-Media-Seiten einen wahren Shitstorm erntet. Ein hochrangiger Parteiinsider zu ÖSTERREICH: „Maurer ist spätestens nach dieser Aktion als Klubobfrau angezählt. Die Basis rebelliert.“
Auch die Stimmung zwischen den Koalitionsparteien ist auf dem Nullpunkt angelangt. Innenminister Karl Nehammer wies die Aufforderungen der Grünen, die Gesetze zu ändern, im Interview auf oe24.TV klar zurück: „Es gibt keinen Anlass, die Gesetze zu ändern.“
(zac)
Künstler-Protest: »Heuchelei ist nicht mehr zu ertragen«
Am Freitag haben sich zahlreiche heimische Künstlerinnen und Künstler zu Wort gemeldet und die Abschiebung der Wiener Schülerinnen und ihrer Familien scharf kritisiert. „Die Heuchelei der Regierung über menschliches Mitgefühl, den Schutz der Familie und Achtsamkeit im Umgang miteinander ist nicht mehr zu ertragen“, heißt es in dem u. a. von Elfriede Jelinek, Michael Köhlmeier und Lukas Resetarits unterzeichneten Schreiben.
Mit der Abschiebung sei die Regierung nicht nur den Betroffenen „mit Menschenverachtung“ begegnet, sie habe diese „auch durch die Missachtung der Unterstützung zahlreicher unmittelbar Beteiligter zum Ausdruck gebracht“. Aus Sicht der Künstler, darunter auch Franzobel, Monika Helfer, Olga Flor und Marlene Streeruwitz, gibt es nur eine Lösung: die Rückkehr der Ausgewiesenen. Es brauche für die Familien eine „unbefristete Daueraufenthaltserlaubnis“.
Tinas 1. Interview: »Geht mir nicht gut«
- Tina erzählt in der ZiB2 über ihre Abschiebung: „Ich habe viele Menschen gesehen – und Polizisten, die diese Menschen zu Boden gedrückt haben.“
- Wie geht es ihr? „Gesundheitlich geht’s mir gut – ansonsten aber nicht so gut. Ich vermisse aber meine Freunde und auch die Schule. Ich kann georgisch nicht lesen oder schreiben, ich kann es nur reden. Meiner Mutter geht es nicht so gut.“