Die Ärzte steigen auf die Barrikaden. Das Sozialpartner-Papier zur Gesundheitsreform lehnen sie in großen Zügen ab.
Die Ärzte sind mit den Vorschlägen der Sozialpartner zur Sanierung des Gesundheitssystems ganz und gar nicht zufrieden. Im Gegenteil: sie sind sogar sehr sauer und drohen mit ernsten Konsequenzen.
"Abschlachten lassen wir uns nicht!"
Ärztekammerpräsident
Walter Dorner donnerte am Montag: "Abschlachten lassen wir uns nicht!"
Der Obmann der niedergelassenen Ärzte Günther Wawrowsky sprach von
Verhandlungen mit dem "Revolver an der Brust".
Keine Einzelverträge
Hauptaggressionspunkt ist die
Möglichkeit, dass Kassen im Fall eines vertragslosen Zustandes
Einzelverträge mit den Medizinern abschließen können. Dass die
Standesvertretung beim Vertragsabschluss nicht eingebunden sein soll, behagt
ihnen aber gar nicht.
Verträge mit Ablaufdatum
Aber auch die Reevaluierung der
Kassenveträge stößt auf vehemente Ablehnung. Ärzte würden weniger in Geräte
investieren, wenn sie ständig damit rechnen müssten, dass ihre Verträge
nicht verlängert werden. Die Patienten würden dadurch erst wieder in die
Spitäler gehen, von wo man sie im Zug der vorigen Gesundheitsreform
weglenken wollte.
Wirkstoffe statt Präparat
Dass sie nur mehr Wirkstoffe
verschreiben sollen, statt eines konkreten Medikaments, kommt für die
Medizinier ebenfalls nicht in Frage. Zum einen ist der Arzt für Therapie und
Kontrolle verantwortlich, zum anderen ist der Apotheker zur Wahl des
richtigen Präparats nicht immer imstande, argumentieren sie. Dieser
Vorschlag wird als böser Schlag gegen den Patienten betrachtet.
Haften nicht mehr
Und schließlich irritiert die Ärzte die
Haftungsfrage. Wenn sie keine Möglichkeiten hätten, wollen sie auch keine
Haftung für die Folgen von Fehlern übernehmen. Das sollte dann die
Krankenversicherung tun.
An das gigantische Einsparungspotential glauben die Mediziner auch nicht. Sollte es tatsächlich ausgeschöpft werden, rechnen sie mit einer Reduktion der Leistungen.
Koalition reagiert vorsichtig
Aus der Regierung gab es zunächst
zurückhaltende Stellungnahmen. Sie bekommt das Konzept erst in den nächsten
Tagen. ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky verteidigte allerdings die
Möglichkeit von Einzelverträgen als Möglichkeit, das System am Leben zu
erhalten.
SPÖ-Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter wollte zur Überbrückungshilfe des Bundes keine Zusagen abgeben, er plädierte aber für eine stärkere Steuerfinanzierung des Gesundheitssystems.
Opposition sehr enttäuscht
Kritik am Sozialpartner-Konzept
kam von der Opposition. Für die Grünen handelt es sich dabei nur um
kosmetische Korrekturen, die Vorschläge seien nicht nachhaltig. Die FPÖ
sieht "keine wirkliche Bereitschaft, die Millionenlöcher in den
Krankenkassen langfristig aus Einsparungen in der Struktur und der
Verwaltung zu stopfen". Ein klares Nein deponierte der Kärntner
Landeshauptmann Jörg Haider für das BZÖ. Das Einfrieren der
Pauschalzahlungen der Krankenversicherung an die Landesspitäler ist für ihn
nicht akzeptabel. Auch die Wiener SPÖ-Stadträtin Sonja Wehsely verwies auf
den Finanzausgleich.