Die Mediziner gingen am Vormittag gegen das Kassenpaket auf die Straße, einige Politiker zogen mit. Das Gespräch brachte nichts Neues.
Unter dem Motto "Seids krank?" haben sich am Dienstagvormittag die Ärzte zu einer Großdemonstration gegen die geplante Gesundheitsreform zur Sanierung der Krankenkassen in Wien versammelt. Die Mediziner in ihren weißen Kitteln trafen sich gegen 10.00 Uhr auf dem Stephansplatz und marschierten dann durch die Innenstadt zum Bundeskanzleramt.
An die 8.000 Demonstranten
Die Wiener Polizei zählte 4.500
Demonstranten, die Ärztekammer sprach dagegen von rund 8.000 Teilnehmern.
Sämtliche Landesärztekammern schickten Delegationen nach Wien, zahlreiche
Ordinationen blieben geschlossen. Als Ersatz ist der Ärztefunkdienst während
des gesamten Tages im Einsatz.
"Medizin marod - Patient in Not"
Worum es den Ärzten
geht, machten sie bereits auf ihren zahlreichen Transparenten deutlich. "Gegen
die Zerstörung des Gesundheitssystems" war eine der
Hauptbotschaften. Gleichzeitig machten sie auch darauf aufmerksam, dass die
Patienten von den Plänen der Regierung ebenfalls betroffen sein würden: "Keine
Billigmedizin auf Kosten unserer Patienten", stand etwa zu lesen oder "Medizin
marod - Patient in Not". Die Mediziner sagten auch "Ja zu Reformen
- Nein zu Husch-Pfusch-Aktionen".
Rote Karte für Kdolsky
Aufs Korn genommen wurden auch die
verantwortlichen Politiker. So gab es die "rote Karte für Kdolsky und
ihre Gesundheitsreform" und in Anspielung auf die Rauchervereinbarung
hieß es "Tschicks für Kdolsky - Gesundheit für Österreich".
Ein weiteres Transparent sah das Heil in der Vergangenheit und forderte "Gebt
uns (Ex-Gesundheitsministerin Maria) Rauch-Kallat wieder".
Pfeifkonzert für Gusenbauer
Aber auch die SPÖ blieb nicht
unverschont: "Gusi verrät Sozialdemokratie, Häupl schweigt dazu",
hieß es auf Plakaten. Ein Pfeifkonzert gab es für Gusenbauer, als die
Demonstranten erfuhren, dass der Kanzler nicht persönlich die 313.327
Unterschriften des Patientenbegehrens entgegengenommen, sondern
Staatssekretärin Heidrun Silhavy geschickt hatte.
Politik geht mit
Unter den Protestierenden fanden sich auch die
Reformkritiker aus den Reihen der ÖVP wie ÖAAB-Obmann Fritz Neugebauer und
sein Generalsekretär Werner Amon. Die Opposition zeigte sich ebenfalls
solidarisch mit den Ärzten und marschierte teilweise mit. In Bregenz gingen
gut 400 Vorarlberger Mediziner auf die Straße.
Riesendemo über Ring angedacht
Unterdessen könnte bald eine
weitere, noch größere Demo drohen. Die Ärzte ziehen in Betracht, einen
weiteren Protestzug demnächst über die Wiener Ringstraße zu veranstalten und
dabei richtig schön den Verkehr zu behindern.
Verhandlungsmarathon ohne Ergebnis
Am Nachmittag verhandelte die
Kammer mit ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky. Dabei kam allerdings
nichts Neues heraus. Ärztekammer-Vizepräsident Günther Wawrowsky
kommentierte den Endstand so: "Es ist die gleiche Annäherung wie vor zehn
Tagen. Es hat sich im Prinzip nichts geändert."
Kommt Ministerratsbeschluss?
Die Ärztekammer geht nun davon aus,
dass es am Mittwoch einen Ministerratsbeschluss zur Gesundheitsreform geben
werde. Bei der Verhandlungsrunde mit Kdolsky habe man noch einmal die
Anliegen vorgetragen, Zugeständnisse oder Versprechen habe es aber nicht
gegeben. Nun hoffen die Ärzte, dass die Forderungen weitergetragen werden.