Ärzte-Streiks
Ärztekammer um Gespräche bemüht
11.10.2007
Die Ärztekammer beklagt eine mangelnde Gesprächsbereitschaft der Politik, um vor dem für 8. November angekündigten Ärztestreik vielleicht doch noch eine Lösung zu erzielen.
Die Kammer sei um Gesprächstermine bei Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (V) und Finanzminister Wilhelm Molterer (V) bemüht. "Präsident Walter Dorner steht Gewehr bei Fuß, das scheint aber auf wenig Gegenliebe zu stoßen", sagte der Sprecher der Ärztekammer, Martin Stickler.
Mit dem Gesundheitsministerium gebe es zwar Gespräche, diese fänden aber nur auf Büro-Ebene statt. Ein Gespräch zwischen Dorner und Kdolsky sei seit dem Streikbeschluss im Vorstand der Ärztekammer bisher noch nicht zustande gekommen. Und von Vizekanzler Molterer habe man bisher noch keine Antwort auf die Bitte um einen Gesprächstermin bekommen, sagte der Ärztekammer-Sprecher.
Streik "nur das letzte Mittel"
Stickler bekräftigte,
dass für die Ärzte ein Streik nur "das letzte Mittel" sei. Andererseits
betonte er aber auch, dass man ein "akzeptables Ergebnis" brauche, um auf
die angekündigten Ordinationsschließungen und die Betriebsversammlungen in
den Spitälern verzichten zu können. Die Streikvorbereitungen würden
jedenfalls bereits laufen, unterstrich der Ärztekammer-Sprecher.
Gewerkschaften verärgert
Der Ärzte-Streik am 8. November
verärgert die für die Spitäler zuständigen Gewerkschaften. Nach der
Vertretung der Wiener Spitäler lehnte gestern auch die Beamtengewerkschaft
die Proteste ab. Das Anliegen der Ärzte sei ihm nicht verständlich, sagte
Johann Hable, der Vorsitzende der Gesundheitsberufe in der Gewerkschaft
Öffentlicher Dienst (GÖD), zu ÖSTERREICH. Man werde einem Streik nicht
zustimmen.
Kein Streikrecht
Hable ärgert sich über die
Gesprächsverweigerung der Ärztekammer: „Die Zeit, in der von oben herab
Streiks dekretiert worden sind, ist vorbei. Wir sind keine
Erfüllungsgehilfen.“ Dass nur wenige Ärzte Gewerkschaftsmitglieder sind,
lässt Hable kalt: „Das Streikrecht liegt bei uns und nicht bei der Kammer.“
Inzwischen wäre es eine Überraschung, wenn die für die Uni-Kliniken zuständige Hochschullehrer-Gewerkschaft mitstreikt. Sie wird ausgerechnet von Richard Kdolsky angeführt, dem Ex-Gatten von ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky. Der Unfallmediziner hält fest, dass derzeit noch kein Antrag auf gewerkschaftliche Maßnahmen vorliege.
"80 Prozent streiken"
In ihrer Geschichte hatte die
Ärztekammer jedenfalls immer wieder Mobilisierungsprobleme. Erfahrungsgemäß
sind rund 40 Prozent der niedergelassenen Mediziner streikresistent.
Ärztekammer-Präsident Walter Dorner sieht die Lage naturgemäß positiver:
„Von den 34.000 Ärzten werden mindestens 80 Prozent teilnehmen.“ Mit den
neuen Gesundheitszentren entstehe eine „gelenkte, kollektivistische
Staatsmedizin“.
Auf dem Rückzug? Allerdings ruderte Dorner auch wieder leicht zurück: Wenn es bis Anfang November noch ein Einlenken der Politik gebe, seien keine Streiks mehr notwendig. Gesundheitsministerin Kdolsky betont freilich, dass man den Ärzten schon weit entgegengekommen sei.
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"Unverständnis" für die Aufrechterhaltung der Streikdrohung durch die Ärzte deponierte Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (V) am Donnerstag in der "ZiB 2". Denn schließlich sei zu den von den Ärzten kritisierten Gesundheitszentren eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Und die Ärztekammer fordere seit 1986, dass Ärztegesellschaften und Ärztezentren ermöglicht werden.
Trägt nicht alleinige Verantwortung
Kdolsky wies die Kritik
der Ärzte auch mit dem Hinweis zurück, dass sie als Gesundheitsministerin
nicht die "einzige Verantwortung" trage. Die "Verständnisprobleme"
in Sachen Gesundheitszentren seien im Rahmen der
Finanzausgleichsverhandlungen entstanden - und sie, Kdolsky, habe sich um "Mediation"
bemüht. Deshalb sei auch die Arbeitsgruppe eingesetzt worden.
Will keine Verstaatlichung
Den Vorwurf der Ärzte, sie strebe
eine "Verstaatlichung" des Gesundheitssystems auch hinsichtlich
z.B. der Vergabe von Kassenverträgen an, wies Kdolsky ebenfalls zurück. "Es
geht nicht um die Verstaatlichung des Systems" und auch nicht darum, "einzugreifen"
- sondern bei der Gesundheitsreform gehe es darum, dass künftig alle
Beteiligten gemeinsam das Gesundheitssystem planen und steuern. Gemeinsam
heiße nicht, dass das Ministerium allein entscheide - aber "gemeinsam
heißt auch nicht, die Ärzte allein".
Kritik am Tabakgesetz
Auch ihr Entwurf für das Tabakgesetz hat
Kdolsky zuletzt Kritik - auch hier wieder vor allem von Seiten der Ärzte -
eingetragen. Sie habe sich mit ihrem Entwurf am Regierungsübereinkommen
orientiert, sagte die ÖVP-Ministerin - und ihr das vorzuwerfen, sei "unfair".
Ob sie das Gesetz noch weiter verschärfen werde, wollte Kdolsky nicht sagen.
Sie habe noch nicht alle Stellungnahmen, die in der gestern zu Ende
gegangenen Begutachtung einlangten, angeschaut. Persönlich hätte sie aber "überhaupt
kein Problem, auch strengere Regelungen anzudenken".
Spekulationen, sie sei angesichts der recht häufigen Kritik an ihr amtsmüde, wies Kdolsky zurück. "Überhaupt nicht", antwortete sie auf die Frage, ob sie denn jetzt wieder daran denke, alles hinzuschmeißen, "das ist ein großartiger Job und eine hervorragende Herausforderung".