Austro-Millionär Siegfried Wolf machte sich für die Ausstellung von mehr als 60 Russen-Visa für den Schengen-Raum stark, geht aus Akten des Außenamts hervor. Der Unternehmer argumentiert, er habe 2.000 Jobs in Steyr retten müssen.
Können es sich vermögende Wirtschaftsbosse im Umgang mit ÖVP-geführten Ministerien richten? Dieser Frage geht der von SPÖ und FPÖ eingesetzte Cofag-U-Ausschuss nach – und die Aktenlieferungen aus den Ministerien bringen Interessantes ans Licht.
oe24 liegt jetzt ein Konvolut von Dutzenden E-Mails zwischen der Assistentin von Austro-Millionär Siegfried Wolf und dem österreichischen Generalkonsulat in Moskau vor. Inhalt: Zwischen Februar 2021 und Mai 2022 ersuchte die Frau - stets mit Hinweis auf den ausdrücklichen Wunsch Wolfs - um Ausstellung von mehr als 60 Einreise-Visa für russische Staatsbürger.
MAN-Übernahme - und Chef der Konzern-Luftflotte
Großteils handelt es sich im Managerinnen und Manager von Wolfs russischen Autokonzern GAZ im Zuge der Übernahme des MAN-Werks in Steyr - aber nicht nur: Unter den Visa-Werbern befand sich auch die Präsidentin der russischen Handelskammer, Wolfs Manager der konzerneigenen Flugzeugflotte wurde ebenfalls ein Visum ausgestellt, übrigens mitten im Corona-Lockdown.
Bitte um rasche Ausstellung
Auffällig ist jedenfalls: Mehrfach bittet Wolfs Assistentin ganz direkt, die üblichen Bearbeitungszeiten zu verkürzen, zudem wurde kommuniziert, welche Visa Wolf ausstellen lassen wollte, meistens langsfristige. Auch nach dem Start des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine gab es mindestens sechs Ansuchen auf längerfristige Visa – obwohl der Generalkonsul nur noch Einmal-Visa ausstellen durfte. Welche Visa dann erteilt wurden, blieb aber offen.
Generalkonsul gab sogar Reise-Tips
Apropos Generalkonsul: Mails der Wolf-Assistentin wurden durchwegs von dem Spitzen-Diplomaten selbst beantwortet und nicht von Sachbearbeiterinnen oder -bearbeitern. Einmal gab der Generalkonsul sogar Reisetipps („Fliegen Sie nicht über Istanbul“).
Außenamt: Regeln sind für alle gleich
Bekam Wolf als eine Vorzugsbehandlung? Im Außenamt verneint man das: Es komme „immer wieder zu Anfragen von österreichischen Wirtschaftstreibenden bei den Visaabteilungen österreichischer Botschaften, in denen um eine Beschleunigung der Abläufe in der Visaausstellung ersucht wird“. Die Regeln seien aber für alle gleich: "Es müssen alle gesetzlichen Vorgaben, besonders die sanktionsrechtlichen, eingehalten werden. Genauso hat das auch das Team in Moskau geantwortet. In der Antwort des Generalkonsulats wurde mehrmals schriftlich darauf hingewiesen, dass aufgrund der EU-Sanktionen Visa nur für die einmalige Einreise ausgestellt werden und mit einer Bearbeitungsdauer von mindestens 15 Tagen zu rechnen ist."
"2.000 Arbeitsplätze waren bedroht"
Und Wolf? Er verwies darauf dass er mit der Übernahme des MAN-Werks 2.000 Arbeitsplätze gerettet habe: „Nach dem Beschluss von MAN, das Werk in Steyr zu schließen, ging es zu dieser Zeit akut um die Rettung des Werks und den Erhalt von rund 2.000 Arbeitsplätzen“ so Wolfs Sprecher Josef Kalina. Siegfried Wolf habe damals in einer Kooperation mit der russischen Firma GAZ ein Konzept zur Produktion neuer LKW und Kleinlastwagen entwickelt. Dazu wäre es damals notwendig gewesen, rasch genügend Fachexperten von GAZ nach Steyr zu holen. Und das Generalkonsulat sei genau die richtige Anlaufstelle für dieses Anliegen gewesen. „Ohne Siegfried Wolf gäbe es das Werk in Steyr und all die hochqualifizierten Arbeitsplätze heute nicht mehr, auch wenn das Konzept später auf völlig neue Beine gestellt werden musste“, so Kalina
Wolf-Interventionen waren übrigens schon einmal Thema in den Ausschuss-Akten. Wie oe24 berichtete. intervenierte Wolf 2017 für eine russische Managerin, die am Flughafen Wien gestrandet war.