Abgehende Regierungsmitglieder sollen nicht sogleich umstrittene Jobs oder Lobbying-Verträge annehmen können.
Dass Ex-Kanzler wie Alfred Gusenbauer oder Sebastian Kurz unmittelbar nach ihrem Rücktritt offenbar gut dotierte Jobs – in diesem Fall von der inzwischen insolventen Signa-Holding von Rene Benko – annehmen, ruft jetzt die Opposition auf den Plan.
Konkret fordern SPÖ und Neos die Einführung einer Cooling-Off-Phase, soll heißen: Politiker sollen erst nach einer gewissen Zeit Jobs annehmen können, die ihren ureigensten Arbeitsbereich betreffen.
Auch Schelling und Blümel als Beispiel
Als Beispiel nennt die SPÖ die ehemaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling und Gernot Blümel, die beim Gasriesen Gazprom bzw. bei einem Finanzdienstleister anheuerten. SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer zu oe24: „Fragen nach einer Cooling-off-Phase sind jedenfalls zu stellen. Es braucht dann ein Cooling-off, wenn es einen unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang zwischen der politischen Tätigkeit und der anschließenden beruflichen Aufgaben gibt.“
Auch die Neos fordert das – und haben schon sehr genaue Vorstellungen: „Wenn man, so wie wir Neos, nicht will, dass PolitikerInnen Sesselkleber sind, die ihr ganzes Leben nur in der Politik verbringen, muss es natürlich möglich sein, dass sie nach ihrer Zeit in der Politik wieder in die Privatwirtschaft zurückkehren.“ Damit es dabei zu keinen Unvereinbarkeiten komme, brauche es aber klare Regeln, wie Cooling-off-Phasen für Regierungspolitiker, so Klubvize Nikolaus Scherak, der folgende Forderungen hat:
-
Ehemaligen Regierungsmitgliedern soll es bis zu sechs Monaten nach ihrem Ausscheiden aus einem Regierungsamt nicht erlaubt sein, in ein Dienst- oder Geschäftsverhältnis mit Unternehmen zu treten, mit denen ihr – ehemaliges - Ressort maßgebliche Geschäftsbeziehungen unterhält.
-
Wer für eine Regierungspartei gearbeitet oder eine Funktion ausgeübt hat, darf erst nach einer Abkühlungsphase von 18 Monaten in eine Führungs- oder Kontrollfunktion eines staatsnahen Unternehmens oder einer staatsnahen Institution bestellt werden.
- Zum Mitglied des Verfassungsgerichtshofes kann nicht ernannt werden, wer in den vergangenen fünf Jahren ein Regierungsamt ausgeübt hat.
Und die Regierungsparteien? Die ÖVP ist – wenig verwunderlich – gegen Cooling-off-Phasen. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker: „Die Übernahme einer politischen Funktion darf nicht dazu führen, dass man nach der Beendigung dieser politischen Tätigkeit mit einem Berufsverbot oder wirtschaftlichen Existenzproblem konfrontiert wird.“
Die Grünen hingegen wollen sehr wohl darüber diskutieren: „Cooling-off-Phasen sind in vielen Gesetzen vorgesehen und wir arbeiten in unserer Regierungsbeteiligung auch daran, diese noch weiter auszuweiten, etwa beim Verfassungsgerichtshof.“
Hier sei Vorsicht geboten
Überall dort, wo es sich um Unternehmen der öffentlichen Hand handle oder um Unternehmen in einem streng regulierten Bereich, sei besondere Vorsicht geboten. „Sollte es hier Lücken geben, sind wir gerne bereit uns diese anzusehen. Im aktuellen Fall der Signa handelt es sich um ein ausschließlich privates Unternehmen“, fügte Justizsprecherin Agnes Sirkka Prammer hinzu. „Auch für ehemalige PolitikerInnen gilt die Erwerbs- und Meinungsfreiheit, sie müssen es mit Ihrem eigenen Gewissen vereinbaren, ob und in welcher Form sie tätig werden und persönlich die Konsequenzen dafür tragen.“