Affären

Blitzbefragung von Mikl-Leitner im Waldhäusl-Prozess

20.06.2022

Mit einer prominenten Zeugin hatte der Waldhäusl-Prozess aufzuwarten: Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. 

Zur Vollversion des Artikels
© APA/HELMUT FOHRINGER
Zur Vollversion des Artikels

 Der Amtsmissbrauchs-Prozess gegen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl dreht sich ja um die Verlegung von Minderjährigen in das mit Stacheldraht begrenzte Asylquartier Drasenhofen 2018.
Nur 10 Minuten dauerte am Montag die Befragung von Waldhäusls „Chefin“, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner: Bilder des mit Stacheldraht begrenzten Quartiers hätten die „Assoziation mit einem Gefängnis“ entstehen lassen“, sagte sie. 2018 hatte sie aber aufgrund der Einschätzung der Kinder-Anwaltschaft der Verlegung der Jugendlichen zugestimmt – für die Unterkunft sei aber Waldhäusl zuständig gewesen. Sie habe „keine Ahnung“ gehabt, wie das Quartier ausgesehen habe, sagte sie vor Gericht. 

 Über Planungen für das Asylquartier Drasenhofen hatte Mikl-Leitner "keinerlei Informationen", weil dies in den Verantwortungsbereich des Landesrats falle. Zu Waldhäusl meinte sie auf Frage der Richterin: "Ich denke schon, dass er gewusst hat, wofür er zuständig ist." Nach etwas mehr als zehn Minuten war die Befragung der Landeshauptfrau beendet.


© APA/HELMUT FOHRINGER

Gottfried Waldhäusl steht in St. Pölten vor Gericht.
 

   Waldhäusl legte daraufhin dem Schöffensenat ein Foto eines mit Stacheldraht umzäunten Gebäudes in Zwentendorf (Bezirk Tulln) vor, in dem seinen Angaben zufolge 153 niederösterreichische Volksschulkinder ein Jahr lang unterrichtet wurden. In Bezug auf Drasenhofen "von einem Gefängnis zu sprechen, ist für mich scheinheilig", meinte Waldhäusl.

   Als nächste Zeugin wurde die damalige Leiterin der für straffällige Minderjährige vorgesehenen Asylunterkunft Drasenhofen befragt, die das ursprüngliche Konzept für das Quartier - mit Ausnahme der Sicherheitsmaßnahmen - mitverfasst hatte. Das endgültige Konzept kannte sie nicht. Bedenken hatte die 36-Jährige "eigentlich nicht, weil es aus meiner Sicht pro forma Geschichten waren". Die Jugendlichen konnten nach Abmeldung "im Prinzip ein- und ausgehen, wie sie wollten", "der Zaun hatte aus meiner Sicht nicht wirklich eine Bedeutung", meinte die Erziehungswissenschafterin. Der Hund "hat zum Security gehört", die Jugendlichen waren ihren Angaben zufolge aber nicht von dem Tier eingeschüchtert.

   Den Bericht der Kinder- und Jugendlichen relativierte die 36-Jährige zum Teil, räumte aber ein: "Es war definitiv Verbesserungsbedarf da." Es habe für die Inbetriebnahme "einfach an Zeit gefehlt". Personal sei ausreichend zur Verfügung gestanden, Freizeitaktivitäten wie Fitnessgeräte fehlten vorerst. Die Wände sollten etwa gemeinsam mit den Jugendlichen gestaltet werden. Die Grundreinigung sei erledigt gewesen, aber "am letzten Tag war es definitiv nicht mehr sauber", berichtete die 36-Jährige: "Die Hygiene war üblich", es hätte "weit schlimmere" Quartiere gegeben.

   Die beiden Beschuldigten sollen laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zumindest 14 jugendliche Flüchtlinge in ihrem Recht auf Grundversorgung und Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft geschädigt haben, weil sie die Verlegung in das Quartier Drasenhofen veranlasst haben sollen. Damit seien die Jugendlichen einer "ihre Persönlichkeitsentwicklung destabilisierenden Maßnahme unterworfen" worden. Der ehemaligen Landesbediensteten wird auch Fälschung eines Beweismittels und Verleumdung angelastet, weil sie im Ermittlungsverfahren eine E-Mail unvollständig vorgelegt und so den Verdacht auf ihren Vorgesetzten gelenkt haben soll. Waldhäusl und die Mitangeklagte haben sich nicht schuldig bekannt.

   Vor dem Landesgericht St. Pölten forderten mehrere Initiativen am Montag - wie an vorangegangenen Verhandlungstagen - Mikl-Leitner mit musikalischer Untermalung auf, Waldhäusl die Asylagenden zu entziehen. Die Bezirkshauptfrau von Mistelbach konnte krankheitsbedingt nicht aussagen, eine weitere Zeugin fehlte. Ihre Befragungen wurden verschoben. Die Verhandlung läuft seit Anfang Februar, weitere Termine sind bis 23. September geplant. Auch betroffene Flüchtlinge sollen befragt werden.
 

Zur Vollversion des Artikels