Vorwurf der Bestechung gegen Verleger-Ehepaar

"Dichand Mega auf Schiene": Das steht im WKStA-Akt

31.03.2023

Die WKStA erhebt schwere Vorwürfe gegen die Verleger-Familie Dichand. Es geht um Inserate, Stiftungen, Drohungen – und mehr als 11 Millionen Euro. 

Zur Vollversion des Artikels
© ©Tischler / Picturedesk
Zur Vollversion des Artikels

Den ganzen Freitag über führte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung bei „Heute“-Herausgeberin Eva Dichand im Büro der Gratiszeitung in der Walfischgasse im 1. Bezirk durch. Der Vorwurf, der laut WKStA im Raum steht: Es bestehe der Verdacht der Untreue, der Bestechlichkeit und der Bestechung in unterschiedlichen Beteiligungsformen. Im Fokus der Justiz steht dabei die Verleger-Familie Dichand und ihre beiden Zeitungen „Heute“ und „Krone“. Insgesamt gibt es neben Ex-Kanzler Sebastian Kurz in dieser Causa acht weitere Beschuldigte – auch Heute-Herausgeberin Eva Dichand und ihr Ehemann, Krone-Herausgeber Christoph Dichand, werden als Beschuldigte genannt.

„Inhalt der weiteren Ermittlungen ist der Verdacht einer strafrechtlich relevanten Vereinbarung zwischen Amtsträgern der Republik Österreich sowie insbesondere zwei österreichischen Medienunternehmen unter anderem über strafrechtlich relevante Inseratenschaltungen des BMF in zwei österreichischen Tageszeitungen (Anm. „Heute“ und „Krone“) sowie weiteren diesen Zeitungen zuzurechnenden Medien. Laut dieser Vereinbarung sollte im Gegenzug für diese Inseratenschaltungen journalistisches Wohlwollen in der Berichterstattung erzielt und Einfluss auf die redaktionellen Teile auch dieser Medien ermöglicht werden. Zudem sollten österreichische Amtsträger im Interesse der Medienunternehmen Einfluss auf Änderungen des Privatstiftungsgesetzes nehmen“, schreibt die WKStA in einer Stellungnahme.

100 Seiten lange Anordnung

Nun liegt die mehr 100 Seiten lange Anordnung zur Hausdurchsuchung bei Eva Dichand vor – und darin fährt die WKStA schwere Geschütze gegen die Verleger-Familie von „Heute“ und „Krone“ auf. Eva Dichand soll dem damaligen Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid 2017 in einem Chat offen gedroht haben, weil ihre Forderungen nach höheren Inseratenbudgets des Finanzministeriums für „Heute“ und „Krone“ nicht erfüllt wurden: „Wir können auch anders“, schrieb Eva Dichand damals in einem Chat.

In mehreren Gesprächen mit Thomas Schmid habe Dichand laut WKStA angeblich auf „Notwendigkeiten“ hingewiesen, die Inseratenbudgets für „Heute“ und „Krone“ zu erhöhen. Das Nachrichtenmagazin profil zitiert auch der Anordnung:

„Bei diesen Gesprächen äußerte Dr. Eva Dichand wiederholt, dass es beim Inseratenbudget des BMF „Notwendigkeiten“ gäbe. Damit meinte sie, dass sie sich Inseraten-Schaltungen des BMF in der Kronen Zeitung und der Tageszeitung Heute sowie den ihr zuzurechnenden Medien in größerem Umfang erwartete. (…) Bei einem Telefonat Anfang 2017 beschwerte sich Dr. Eva Dichand bei MMag. Schmid darüber, dass Heute und die Kronen Zeitung im Verhältnis zu Österreich zu wenig Inserate des BMF bekommen, rechnete dies detailliert vor, forderte MMag. Schmid auf, die Unverhältnismäßigkeit zu beheben und teilte ihm mit „wir können auch anders“. Damit meinte sie, dass im Falle der Nichtentsprechung ihrer Wünsche, die Berichterstattung in ihren Medien entsprechend schlechter ausfallen werde (…).“

Mutmaßlicher Deal

Der mutmaßliche Deal zwischen Dichand und Schmid soll laut WKStA folgendermaßen ausgesehen haben:

„MMag. Schmid und Dr. Eva Dichand kamen bei diesen Gesprächen grundsätzlich überein, dass MMag. Schmid der Kronen Zeitung und der Tageszeitung Heute ein erhöhtes Inseratenvolumen durch das BMF zukommen lassen, „Medienkooperationsvereinbarungen“ mit dem BMF veranlassen und er sich (auch im Rahmen seiner Amtstätigkeit) um die Anliegen von Dr. Eva Dichand in Zusammenhang mit der Novellierung des Privatstiftungsgesetzes kümmern wird und Dr. Eva Dichand im Gegenzug dafür mit Wissen und Wollen von Dr. Christoph Dichand, in der Kronen Zeitung und der Tageszeitung Heute dafür Sorge tragen wird, dass über Kurz und den für ihn und seinen politischen Aufstieg und Erfolg relevanten Themen wohlwollend und in entsprechendem Ausmaß berichtet wird sowie Negativberichten oder für seine Zwecke abträgliche Themen kein oder nur geringer Raum gewidmet wird (…).“

Ex-Kanzler Kurz wurde von Schmid über die mutmaßlichen „Deals“ mit den Dichands stets informiert. So schrieb Schmid etwa am 28. April nach einem Termin mit „Krone“-Herausgeber Christoph Dichand an Kurz: „Dichand Mega auf Schiene“. Und zwei Tage nach dem Rücktritt von Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner schickte Schmid folgende Nachricht an Kurz: „Die Dichands werden halten!! Bin mir sicher! Ich starte mit Eigentümern jetzt dann im BMF eine stiftungsoffensive – alter Wunsch von Eva“. In Folge habe Schmid die Wünsche von Eva Dichand zu einem „stifterfreundlichen Stifungsgesetz“ an das Justizministerium ausgerichtet.

Die WKStA schreibt dazu in der Anordnung:

„Das BMJ versandte im Juni 2017 einen Gesetzesentwurf für eine Novelle des Privatstiftungsgesetzes in Begutachtung, der zum Missfallen von Dr. Eva Dichand Transparenz-Regelungen beinhaltete. Da Dr. Eva Dichand wegen dieses Entwurfs „sauer“ war und „Terror“ machte, veranlasste MMag. Schmid, dass das BMF im Begutachtungsverfahren eine ablehnende Stellungnahme zum Gesetzesentwurf abgab, übermittelte den Entwurf der Stellungnahme an Dr. Eva Dichand und informierte sie darüber, dass diese bis 7. August 2017 eingebracht werden würde.“

Laut dem Hausdurchsuchungs-Befehlt soll das Finanzministerium von 2017 bis 2021 insgesamt Inseratenschaltungen und Medienkampagnen in Höhe von 11.436.000 Euro beauftragt haben. Die WKStA schreibt dazu:

„Diese Inserate und Medienkooperationen im Jahr 2017 in einem 300.000 Euro deutlich übersteigenden Betrag erfolgten in Umsetzung der dargestellten Vereinbarung mit dem Ziel, im Wahlkampf 2017 die mediale Unterstützung von Kurz durch die Krone-Gruppe und die Heute-Gruppe zu sichern und sich diese Unterstützung durch die Schaltung der Inserate zu erkaufen.“
Die WKStA ist jedenfalls der Meinung, dass durch die Inseratenschaltungen auch die redaktionelle Berichterstattung in „Heute“ und „Krone“ positiv für Kurz beeinflusst wurde:

„Aufgrund der Vereinbarung sorgten die Ehegatten Dichand dafür, dass die Berichterstattung in der Kronen Zeitung und der Tageszeitung Heute den Wünschen von Kurz entsprechend in einer dessen Ziele fordernden Weise erfolgte und Negativmeldungen nicht oder nicht prominent berichtet wurden. Es gab auch in konkreten Fällen direkte Vorgaben der Dichands an die Redaktionen.“

Eva Dichand bestreitet alle Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung. 

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel