Erster Prozesstag
Kurz plädiert vor Gericht auf Freispruch
18.10.2023Der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am ersten Tag seines Prozesses wegen Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss einen Freispruch beantragt.
Die Vorwürfe der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) seien nicht nachvollziehbar, sagte dessen Anwalt Otto Dietrich in seinem Plädoyer. Neben Kurz stehen auch die ehemalige ÖVP-Vizeparteichefin Bettina Glatz-Kremsner und sein Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli wegen desselben Delikts vor Gericht.
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Die Aussagen von Kurz als Auskunftsperson im U-Ausschuss seien richtig gewesen und stimmten auch mit der Wirklichkeit überein, betonte Dietrich. Es gebe auch kein Beweisergebnis, dass der Ex-Kanzler persönlich über die Vorstandsbesetzung der Staatsholding ÖBAG entschieden habe, meinte dessen Anwalt zum Vorwurf, der Ex-Kanzler habe seine Rolle heruntergespielt. "Bei nüchterner und objektiver Betrachtung" ließen sich die im Strafantrag enthaltenen Vorwürfe nicht aufrecht erhalten.
Dietrich sprach außerdem von unvollständigen und unterstellenden Fragen durch manche Abgeordneten im U-Ausschuss, die Stimmung dort sei aggressiv gewesen und nicht zu vergleichen etwa mit einer Gerichtsverhandlung. Dort herrsche zudem Zeitdruck, was auch zu unvollständigen Antworten führen könne. Und auch Fehler bei der Protokollierung könnten dort passieren. In einem Fall etwa sei ein mundartliches "na" fälschlicherweise mit einem "nein" gleichgesetzt worden. Auch "offensichtliche Fehler in der Beweisführung" kritisierte der Anwalt.
WKStA: Allgemeinheit angelogen
Die Wahrheitsfindung in U-Ausschüssen sei genau so wichtig wie bei Gerichtsverfahren, hatte dagegen zuvor der Vertreter der WKStA beim Verlesen des Strafantrags betont. Ein parlamentarischer U-Ausschuss ziele wie ein Gerichtsprozess zwar nicht auf ein Urteil ab, schaffe aber die Entscheidungsgrundlage für mögliche politische Konsequenzen und sei von ganz entscheidender Bedeutung für die Gesetzgebung. Angelogen worden seien "nicht die jeweiligen, die Fragen stellenden Abgeordneten, sondern die Allgemeinheit", befand die WKStA.