WKStA verwundert
Prozess: Kurz-Verteidigung will Schmid-Chats löschen
30.01.2024Im Strafprozess gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss haben am Dienstag die letzten Zeugenbefragungen begonnen.
Den Auftakt machte ÖBAG-Aufsichtsrätin Susanne Höllinger. Kurz wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vorgeworfen, seine Rolle bei den Postenbesetzungen bei der Staatsholding ÖBAG kleingeredet zu haben.
Höllinger gab in ihrer Befragung durch Richter Michael Radasztics an, keine freundschaftliche Beziehung zu Kurz und zu dessen mitangeklagten einstigen Kabinettschef Bernhard Bonelli zu pflegen. ÖBAG-Chef Thomas Schmid, der den Ex-Kanzler in diesem Prozess stark belastet, sei ihr bei einer Veranstaltung der damaligen ÖVP-Beraterin Gaby Spiegelfeld vorgestellt worden.
Gefragt worden, ob sie Mitglied des ÖBAG-Aufsichtsrats werden will, sei sie vom damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) persönlich, berichtete Höllinger. Dieser habe sie sogar als Vorsitzende haben wollen, was für sie aufgrund ihrer regen beruflichen Tätigkeit - Höllinger ist Bankerin und in mehreren Aufsichtsräten vertreten - aber nicht in Frage gekommen sei. Die anderen Aufsichtsratsmitglieder der ÖBAG habe sie vorher nicht gekannt.
Chat zwischen Bonelli und Schmid über Höllinger
Angesprochen wurde Höllinger auch auf einen Chat zwischen Bonelli und Schmid, wonach sie in einem "NÖ-Netzwerk" sei. Die Zeugin erklärte sich den Kommentar mit ihrer einstigen Tätigkeit bei Raiffeisen oder möglicherweise ihrer Aufsichtsratstätigkeit in einer niederösterreichischen Beteiligungsgesellschaft. An Kurz schrieb Schmid außerdem, dass Höllinger "steuerbar" sei und für Niederösterreich auch "delikate Sachen" erledigt habe. Die Formulierung sei entbehrlich, so die Zeugin. Schmid habe das später bedauert.
Auch Kern schilderte, wie er von Löger offiziell gefragt worden sei, ob er ÖBAG-Aufsichtsrat und auch dessen Vorsitzender werden wolle. Zuvor habe ihn aber Bonelli in dieser Angelegenheit angerufen und den Kontakt zum damaligen Finanzminister hergestellt. Kurz habe er zuvor bei einem "Österreich-Gespräch" im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, wo Kern tätig war, erstmals persönlich kennengelernt. Das sei zwar heikel gewesen, immerhin habe man dort aber auch schon andere Parteien zu Besuch gehabt.
Er habe seine Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender unabhängig anlegen wollen, schilderte Kern, der auch schon einen Posten als Finanzminister "aus persönlichen Gründen" abgelehnt hatte. In der konstituierenden Aufsichtsratssitzung sei zwar gefragt worden, wer dessen Vorsitzender werden will. Zur Diskussion sei die Frage aber nicht mehr gestanden, weil Lögers Favorit - Kern - festgestanden sei. Die Bestellung sei dann "schnell" über die Bühne gegangen.
Verteidigung will Schmid-Chats aus dem Akt nehmen
Überraschend kam am Dienstag außerdem ein Antrag der Verteidigung, wonach Chats von Schmid - entweder alle oder zumindest jene, die von der Hausdurchsuchung nicht umfasst waren - aus dem Akt genommen werden sollen. Verwundert darüber zeigte sich die WKStA, da sich der Beschuldigte ja eigentlich gewünscht hatte, mehr Nachrichten, also auch entlastende, zu würdigen. Vorsitzender Radasztics kündigte eine Entscheidung für Mittwoch an.
Nach Höllinger folgt am Dienstag als nächster Zeuge der Aufsichtsratsvorsitzende der ÖBAG, Helmut Kern. Dann soll Bernd Brünner, ehemaliger Generalsekretär im Bundeskanzleramt, befragt werden. Am Mittwoch ist dann noch Günther Helm, einstiger Chef des Diskonters Hofer und später im Aufsichtsrat der ÖBAG, an der Reihe. Am Nachmittag sollen jene zwei russischen Geschäftsleute via Zoom-Call aus der österreichischen Botschaft in Moskau befragt werden, die mit Schmid angeblich ein Bewerbungsgespräch hatten.