"Wir werden Herbert Kickl wegen Falschaussage im U-Ausschuss zum blau-roten Machtmissbrauch anzeigen", so U-Ausschuss-Fraktionsführer Andreas Hanger (ÖVP) am Freitagvormittag.
Wie von oe24 bereits gestern berichtet, erstattet die ÖVP Anzeige gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl. "Es geht nicht nur um eine Aussage, sondern es geht um mehrfache Falschaussagen", so Hanger. Und: "Im Untersuchungsausschuss gilt Wahrheitspflicht". Man müsse "nicht nur wahrheitsgetreu, sondern auch vollständig" aussagen. Nun sei die Justiz "am Zug", die darüber entscheide, "ob tatsächlich eine Falschaussage vorliegt oder nicht."
Es gäbe noch viele weitere Aussagen, die aufgelistet werden könnten, man habe sich aber auf sechs fokussiert, so Hanger.
Bezug zur "Ideenschmiede"
1. Aussage:
"Ich habe keinerlei Bezug zu oder keinerlei Beteiligung an dieser Signs (vorher "Ideenschmiede", Anm.) in der Zeit, wo ich auch, was ich weiß, als Minister hier oberstes Organ der Verwaltung gewesen bin", so Kickl im U-Ausschuss laut ÖVP, die dahinter eine Falschaussage vermutet. "Faktum ist: Kickl war bis 2020 wirtschaftlicher - zu 50 Prozent wirtschaftlicher - Eigentümer dieser Ges.m.b.H.", so Hanger. Belegt werde dies durch Treuhandverträge, die notariell hätten aufgelöst werden müssen. Eine mündliche Beendigung wäre - so ein Rechtsgutachten der ÖVP - unzulässig gewesen.
2. Aussage:
"Also in meiner Zeit als Minister habe ich zu Signs keine Geschäftsbeziehungen in irgendeiner Form, ...", so Kickl im U-Ausschuss. Dies sei aus Sicht der ÖVP ebenso eine mögliche Falschaussage und wird somit angezeigt.
3. Aussage:
"Diese Immobilie gehört dem Geschäftsführer der Signs zu der Zeit, wo ich Innenminister gewesen bin", erklärte Kickl im U-Ausschuss. Mit der Immobilie sei eine Betriebsliegenschaft gemeint, in der die "Ideenschmiede" eingemietet war, so Hanger. Der "objektive Sachverhalt" sei jedenfalls, dass Kickl zu 50 Prozent Eigentümer dieser Immobilie sei. Dies gehe zumindest aus einem weiteren Treuhandvertrag hervor, wobei unklar ist, ob dieser jemals aufgekündigt wurde oder nicht, erklärte Hanger.
Beziehung zu Jenewein
4. Aussage:
Kickl sagte im U-Ausschuss: "Herr Jenewein steht in keinerlei Beziehung zum Innenministerium und zu mir als oberstem Organ des Innenministeriums". Laut ÖVP entspricht auch diese Aussage wohl nicht der Wahrheit. Belegt sei dies durch Chatverläufe.
- 47 Aktenordner, "gefährliche" Chats in der Affäre Ott & FPÖ
- Jenewein-Chats: Warum Justiz Aktenlieferungen an U-Ausschuss blockiert
- 2.500 Jenewein-Chats vor Lieferung an U-Ausschuss
Causa Bundespolizeidirektor
5. Aussage:
"Und wenn man sagt, dass Herr Marsalek im BMI (Bundesministerium für Inneres, Anm.) gewesen ist. Ja, da habe ich Informationen, dass der öfters im BMI gewesen ist oder öfters Leute aus dem BMI getroffen hat. Einer davon heißt Takacs (Bundespolizeidirektor, Anm.), ...", so Kickl im U-Ausschuss. Dass Takacs Marsalek getroffen habe, sei falsch. "Die FPÖ hat diese Aussage mittlerweile widerrufen. Also, wenn Sie mich fragen als Nicht-Jurist ist die Falschaussage damit bewiesen", so Hanger.
6. Aussage:
"Ich habe keine Wahrnehmung. Ich habe mich um Inserate nicht gekümmert", so Kickl. Auch hier würden Chatverläufe das Gegenteil zeigen, erklärte Hanger.
Hanger verwies auch auf den Falschaussage-Prozess gegen den früheren ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz - ohne dessen Namen explizit zu erwähnen - wo "semantische Fragen" geklärt wurden. Bei Kickl sei das "Tatsachen-Substrat wesentlich stärker", so der ÖVP-Politiker. Zunächst müsste allerdings Kickls parlamentarische Immunität aufgehoben werden...
Der Ex-ÖVP-Chef Kurz war wegen Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss erstinstanzlich zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt worden.
Hafenecker: "Sommer-Märchenstunde" von Hanger
FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker wies in einer Aussendung Hangers "haltlose Anwürfe" zurück. „Angesichts katastrophaler Umfrageergebnisse eskaliert das ÖVP-Panik-Barometer nun offenbar völlig, sodass Herr Hanger zu einer ‚Sommer-Märchenstunde‘ ausrücken muss", so Hafenecker.