Ex-Kanzler
Pilnacek-Tod: Brutale Kurz-Abrechnung mit Justiz
21.10.2023
Durch den überraschenden Tod von Christian Pilnacek rückte der Prozess um Sebastian Kurz in den Hintergrund. Nun rechnet der Ex-Bundeskanzler mit der Justiz ab.
Bereits nach seinem Gerichtstag am Freitag hat sich Ex-Kanzler Sebastian Kurz über die Umstände, die zum Tod des langjährigen Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek geführt haben könnten, geäußert und dabei Kritik an der Justiz geübt.
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Wenige Stunden vor der Tragödie habe er noch mit Pilnacek telefoniert, erzählte Kurz und übte anschließend indirekt Kritik am Umgang mit dem suspendierten Ex-Sektionschef: "Ich glaube, jetzt kann das keiner mehr rückgängig machen, aber es ist vielleicht doch ein Moment, einmal inne zu halten und sich auch bewusst zu machen, wie hier teilweise agiert wird. Ich kannte ihn gut."
Kurz: "Er wurde persönlich diskreditiert"
Am Samstag legte Kurz in einer Aussendung nach. "Christian Pilnacek hatte keine Scheu davor, seine Meinung zu sagen und damit auch innerhalb des Justizapparates da und dort anzuecken. Aber die Auseinandersetzungen innerhalb der Justiz wurden immmer brutaler und sind in eine Schlacht ausgeartet, in der er persönlich und seine Arbeit unter anderem durch die Veröffentlichung privater Nachrichten diskreditiert wurde", hält Kurz fest.
"Boshafte Menschenjagden"
Pilnacek habe sich dagegen nie solcher Methoden bedient, sondern diese zutiefst abgelehnt. "Er hat sich nie an den boshaften Menschenjagden beteiligt, sondern immer auf Objektivität gepocht", lobt Kurz den Verstorbenen.
Der Ex-ÖVP-Chef, der sich gerade wegen Falschaussge vor dem Ibiza-U-Ausschuss vor Gericht verantworten muss, hofft nun auf ein Umdenken: "Wenn sich jemand das Leben nimmt, ist das ein Ergebnis extremer Verzweiflung. Mitzuerleben, dass ein lebensfroher und geselliger Mensch sowie ausgewiesener Top-Jurist keinen anderen Ausweg mehr sieht, schmerzt ungeheuerlich. Und vor allem: es macht einen nachdenklich."
Rechtsstaat? "Als lebten wir noch im Mittelalter"
Zum Umgang mit Pilnacek findet Kurz weitere, deftige Worte: "Denn obwohl wir uns in Österreich gerne dafür rühmen, ein entwickelter Rechtsstaat zu sein, der die Menschenrechte hochhält, werden manche so behandelt, als lebten wir noch im Mittelalter, wo Menschen an den Pranger gestellt und öffentlich gedemütigt werden."
Kurz hofft, dass Pilnacek in positiver Erinnerung "für sein großes Wirken für eine professionelle Justiz" bleibt. Sein Leben habe dem Rechtsstaat gegolten. "Wir alle sollten ihm ein ehrendes Andenken bewahren und ihm für seine Verdienste um die Republik immer dankbar sein."
Das ganze Kurz-Statement im Wortlaut
Justizintern galt Pilnacek stets als Reizfigur, die nicht mit ihrer Meinung hinter dem Berg hielt. Die von den Staatsanwälten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mitgeschnittene Aussage zu dem Eurofighter-Verfahren führte zu einer letztlich folgenlos gebliebenen Anzeige wegen Amtsmissbrauchs. Speziell mit der WKStA focht der Sektionschef und ehemalige Richter seine Sträuße aus.
Eine neue Dimension erreichten die Auseinandersetzungen, als Pilnacek im Zuge von Ermittlungen rund um das Heumarkt-Projekt von der Staatsanwaltschaft Wien das Handy abgenommen wurde. Vorwurf: Er soll interne Informationen aus der Behörde verraten haben - in dieser Causa wird nach wie vor ermittelt. In einem anderen Verfahren wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses wurde er dagegen rechtskräftig freigesprochen.
Die diversen Vorwürfe führten schließlich zu einer Suspendierung Pilnaceks, die dieser vor Gericht bekämpfte. Zuletzt wurde ihm von der Disziplinarbehörde eine (nicht rechtskräftige) Geldstrafe aufgebrummt, weil er in einem Chat mit dem damaligen Kabinettschef im Finanzministerium diesem zu einem Rechtsmittel gegen eine Hausdurchsuchung geraten hatte. In diesem Zusammenhang fiel auch die auf Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) gemünzte Aussage "Wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung?".