Die Witwe des verstorbenen suspendierten Justizsektionschefs Christian Pilnacek, Caroline List, klagt jetzt an: Alle Parteien hätten ihren Mann fallen lassen.
In einem Interview mit der "Presse" bestritt die nunmehrige Präsidentin des Grazer Landesgerichtes für Strafsachen, dass es unter ihrem verstorbenen Mann eine Zwei-Klassen-Justiz gegeben habe, wie das die Kommission des früheren Korruptionsjägers Martin Kreutner festgestellt hat: List: "Das stelle ich ganz massiv in Abrede. In der Öffentlichkeit wird die Justiz weitgehend mit der Gerichtsbarkeit gleichgestellt. Und die funktioniert ausgezeichnet."
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Interventionen habe es gegeben, aber: "Ich möchte den Begriff Intervention relativieren. Auch Mitglieder einer politischen Partei haben das Recht, sich über den Verlauf eines Strafverfahrens zu beschweren. Was unter dem Titel Interventionen lief, war zum großen Teil Beschwerdemanagement. Es ist nicht zu vermeiden, dass Mitarbeiter des Justizministeriums zu laufenden Fällen angesprochen werden. Die Frage ist, was man damit macht. Mein Mann hat sicher keinen Interventionen nachgegeben. Das konnte er auch gar nicht."
List ortet "Medienhetze"
List ortete eine "Medienhetze" gegen ihren Mann. Der habe die Korruptionsstaatsanwaltschaft kritisiert, doch "man darf die WKStA nicht kritisieren." Ob ihr Mann von der ÖVP fallen gelassen wurde? List sagt: "Er wurde von allen fallen gelassen. Auch von den meisten seiner Kollegen. Er wurde aus seinem Ministerium gesperrt. Und war Persona non grata. Belastende Chats wurden absichtlich hinausgespielt. Es gab Medienhetze. Es gab politische Hetze aller Parteien. Die ÖVP, in deren Eck er immer gedrängt wurde, weil das opportun erschien, half ihm auch nicht. Niemand half ihm."
Kritik an Suspendierung
List kritisierte übrigens die Suspendierung ihres Mannes durch Vizekanzler Werner Kogler (in Vertretung der Justizministerin): "Die Disziplinaroberkommission hat die Suspendierung als unzulässig bezeichnet. Dagegen hat das Justizministerium ein Rechtsmittel erhoben. Ein Richter des Bundesverwaltungsgerichts hat in mündlicher Verhandlung allerdings durchblicken lassen, dass er die Entscheidung der Disziplinaroberkommission bestätigen werde. Der Richter hat dann aber schriftlich anders entschieden und die Suspendierung aufrechterhalten. Wäre mein Mann unter die Disziplinargerichtsbarkeit der ordentlichen Gerichte gefallen und nicht unter jene für Beamten, wäre die Suspendierung wohl sofort aufgehoben worden."
"Von Intervention nichts gewusst"
Auf dem Handy Pilnaceks war seinerzeit auch eine Intervention beim steirischen Landeshauptmann gefunden worden, damit List den Posten an der Spitze des Straflandesgerichtes bekommt. Sie bestreitet, davon gewusst zu haben. "Davon habe ich erst im Nachhinein erfahren. Mein Mann hat das wohl geschrieben, weil er das Gefühl hatte, er müsse mir helfen, weil er selbst so sehr in der Kritik stand."