Am kommenden Mittwoch beginnt am Wiener Landesgericht der Prozess gegen den früheren Bundeskanzler und Ex-ÖVP-Obmann Sebastian Kurz, dem falsche Zeugenaussage im Ibiza-U-Ausschuss vorgeworfen wird.
Das Interesse am Verfahren gegen den 37-jährigen Alt-Kanzler ist enorm. Die Verhandlung im Großen Schwurgerichtssaal ist bereits jetzt bis auf den letzten Platz "ausreserviert". Bereits im Vorfeld hatte Kurz für einen Freispruch plädiert.
Für die Verhandlung gegen insgesamt drei Angeklagte sind bisher drei Termine bis zum 23. Oktober anberaumt. Neben Kurz stehen die ehemalige ÖVP-Vizeparteichefin Bettina Glatz-Kremsner sowie der Kurz-Vertraute und Ex-Kabinettschef im Bundeskanzleramt, Bernhard Bonelli, vor Gericht. Auch ihnen wird Falschaussage vorgeworfen. Kurz hatte bereits in einer schriftlichen Gegenäußerung einen Freispruch verlangt. Auch seine Mitangeklagten werden sich voraussichtlich als "nicht schuldig" bekennen.
Der ehemalige Bundeskanzler wird möglicherweise erst am zweiten Verhandlungstag ausführlich zu Wort kommen, sollten die Eröffnungsvorträge der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSA) und der drei Verteidiger länger dauern. Zeuginnen und Zeugen sind vorerst noch keine geladen - zu deren Befragung werden wohl weitere Verhandlungstermine ab November vonnöten sein. Die WKStA hat in ihrem schriftlichen, über 100 Seiten umfassenden Strafantrag die Befragung von nicht weniger als 18 Zeuginnen und Zeugen im Rahmen der Hauptverhandlung beantragt.
Auf der Zeugenliste der WKStA stehen unter anderem die ehemaligen ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger und Gernot Blümel sowie Ex-Vizekanzler und -FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Befragt werden sollen auch Thomas Schmid, dessen Bestellung zum ÖBAG-Chef zentrales Thema der Causa ist, Peter Sidlo, dessen Ernennung zum Casinos-Austria-Vorstand heftig umstritten war, sowie der Industrielle Siegfried Wolf und Ex-Raiffeisen-Generalanwalt Walter Rothensteiner. Letzterer war auch Casinos-Aufsichtsratschef. Zudem könnte die Verteidigung die Ladung weiterer Personen beantragen, die - sollte der Richter ihre Einvernahme für erforderlich halten - ebenfalls unter Wahrheitspflicht zu vernehmen wären.
Kurz und Bonelli wird von der WKStA vorgeworfen, sie hätten als Auskunftspersonen vor dem U-Ausschuss insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung der ÖBAG und der Besetzung des Vorstandes und Aufsichtsrates dieser Gesellschaft falsch ausgesagt. Glatz-Kremsner soll sowohl vor dem U-Ausschuss als auch bei ihrer Vernehmung als Zeugin im Ermittlungsverfahren der WKStA zur Bestellung eines Vorstandsmitgliedes der Casinos Austria AG wissentlich die Unwahrheit gesagt haben. Für die Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. "Die Vorwürfe sind falsch und wir freuen uns darauf, wenn nun endlich die Wahrheit ans Licht kommt und sich die Anschuldigungen auch vor Gericht als haltlos herausstellen", hatte Kurz nach Bekanntwerden der Anklage-Erhebung auf Twitter (X) gepostet.
Aus Platzgründen musste das Kontingent für Medienschaffende eingeschränkt werden. 83 Medienschaffende aus dem In- und Ausland haben sich in den vergangenen Wochen zum Prozess angemeldet. Weitere 38 Sitzplätze stehen für die interessierte Öffentlichkeit zur Verfügung - diese Personen werden auf der Galerie Platz nehmen müssen.