Affären

Verdacht: Marsalek zog Fäden bei russischen Killer-Kommandos

07.04.2024

Der untergetauchte Ex-Wirecard-Boss Jan Marsalek soll auch vor Mord nicht zurückgeschreckt sein.

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© Sean Gallup/Getty Images
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Nach der Festnahme des Ex-BVT-Mitarbeiters Egisto Ott, der sich seit vergangenem Montag wegen Spionage-Verdachts in U-Haft befindet, kristallisiert sich immer mehr heraus, wie eng verzahnt der nach Moskau geflüchtete Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek mit dem russischen Inlandsgeheimdienst sein dürfte. Das machen nun bekannt gewordene Chats mit einem inzwischen in Großbritannien inhaftierten Bulgaren deutlich, der eine mehrköpfige, für Russland tätige Spionage-Zelle angeführt haben soll.

Bulgaren in Großbritannien geschnappt: Aktive Maßnahmen gegen Grozev 

   Den Männern bulgarischer Herkunft wird von den britischen Strafverfolgungsbehörden vorgeworfen, von August 2020 bis Februar 2023 für russische Geheimdienste gleichermaßen geheime wie nützliche Informationen gesammelt sowie in Großbritannien und anderen europäischen Ländern Personen ausgekundschaftet zu haben. Mit dem mutmaßlichen Chef dieser bereits zur Anklage gebrachten Gruppierung, der 2009 nach Großbritannien übersiedelt war und der als ausgewiesener Spezialist für Abhörtechniken gilt, tauschte sich Marsalek rege aus. So berichtete Marsalek von einer Schießübung "mit den Alfa-Jungs", einer Spezialeinheit des russischen Inlandsgeheimdiensts FSB. Auch über "aktive Maßnahmen" gegen den russlandkritischen Investigativjournalisten Christo Grozev unterhielten sich Marsalek und sein Gesprächspartner.

Einbruch in die Wohnung

   Grozev lebte bis Anfang 2023 in Wien. Er hatte zu den Giftanschlägen auf Sergei Skripal und Alexej Nawalny recherchiert, im Dezember 2022 setzte ihn das russische Innenministerium auf eine Fahndungsliste, im Februar 2023 übersiedelte Grozev aus Sicherheitsgründen in die USA. Mittlerweile gilt als gesichert, dass Grozev einer von mindestens 309 Betroffenen war, für die Marsalek illegale Abfragen aus Polizeidatenbanken tätigen bzw. vertrauliche, der Verschwiegenheit unterliegende Informationen einholen ließ. Marsalek, der nach seiner geglückten Flucht nach Moskau mit neuen Identitäten ausgestattet worden sein soll und seither geheimdienstliche Tätigkeiten für Moskau verrichten dürfte, soll sich dazu ausgerechnet zweier ehemaliger Mitarbeiter des heimischen Verfassungsschutzes bedient haben.

   Unter den 309 Personen war auch der österreichische Journalist Max Zirngast. Er sei zum Teil darüber informiert worden, dass Abfragen über ihn gemacht worden waren, noch bevor der "Spiegel" Anfang März darüber berichtete hatte, sagte Zirngast am Dienstag im Gespräch mit der APA. Als er den Artikel des deutschen Nachrichtenmagazins gelesen habe, habe er nur geschmunzelt. "Es ist mir ziemlich wurscht. Im Vergleich zu dem, was türkische Geheimdienste machen, ist das relativ fad", meinte Zirngast, der zu der Zeit, als die Abfragen gemacht wurden, in der Türkei inhaftiert war. Zum Inhalt der Abfragen und welche Informationen weitergegeben wurden, wollte er sich aufgrund des laufenden Ermittlungsverfahrens nicht äußern.

   Den ehemaligen Spionageabwehrchef des mittlerweile aufgelösten Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Martin Weiss, soll Marsalek bereits 2015 kennengelernt haben, der international bestens vernetzte Ex-BVT-Mitarbeiter Egisto Ott soll seit 2017 auf geheime Datenbanken zugegriffen und sogar im Rechtshilfeweg aus Italien und Großbritannien Informationen für Marsalek bzw. Russland beschafft haben. In Chats mit dem in Großbritannien agierenden mutmaßlichen Agenten nannte Marsalek Martin Weiss "unseren Freund", dessen "Evakuierung" nach Dubai er organisiert habe. Weiss, der sich seit dem Vorjahr in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufhalten dürfte, soll für Egisto Ott "Ansprechpartner und Auftraggeber" in Bezug auf Tätigkeiten für Marsalek gewesen sein.

   

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