Effekt werde schnell verpuffen
AK und ÖGB: Paket hilft, aber nicht langfristig
15.06.2022Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaft (ÖGB) sehen im dritten Entlastungspaket der Regierung gute Ansätze, bemängeln aber, dass viele der Maßnahmen nicht langfristig wirksam seien.
So sei die Entlastung heuer zwar "recht ordentlich", der Wegfall der Einmalzahlungen in den kommenden Jahren, bei weiter hohen Preisen führe aber dazu, dass der Effekt schnell verpuffen werde. Die Arbeitnehmervertretungen fordern deshalb unter anderem eine dauerhafte Erhöhung der Sozialleistungen.
Einmalzahlungen bekrittelt
Die von der Regierung am Dienstag präsentierten Maßnahmen zur Abfederung der Teuerung seien zu einem Großteil Einmalzahlungen. Kurzfristig, also für das Jahr 2022 und die erste Hälfte des Jahres 2023, werde dadurch eine "ordentliche Entlastung" erreicht, sagte der Leiter der steuerpolitischen Abteilung in der AK Wien, Dominik Bernhofer, am Mittwoch bei einem Online-Pressegespräch. Das gelte auch für untere Einkommensbereiche, die durch den Teuerungsausgleich und andere zielgerichtete Maßnahmen auch absolut höher entlastet werden würden als mittlere und hohe Einkommen. Die Maßnahmen würden die zusätzlichen Kosten durch die Inflation bei einem Durchschnittshaushalt ungefähr zu zwei Dritteln abgedeckt.
Langfristig, für die Jahre ab 2023, sei die Entlastung allerdings wesentlich geringer. Einerseits, weil die vielen Einmalzahlungen wegfallen würden, andererseits weil die Kosten weiter ansteigen würden, weil die Preise auch bei sinkender Inflation weiter steigen, ausgehend von einem bereits hohen Niveau.
Paket nicht nachhaltig genug
Die Abschaffung der kalten Progression und die Anpassung der Sozialleistungen an den Verbraucherpreisindex (VPI) seien die einzigen bleibenden Maßnahmen. Die Entlastung durch die Abschaffung der kalten Progression sei für untere Einkommensschichten verhältnismäßig geringer als für mittlere und hohe Einkommen, weil kleinere Erwerbseinkommen ohnehin keine oder wenig Lohnsteuer zahlen. Somit verschiebe sich auch die Verteilung der Entlastung: "Während im Jahr 2022 die unteren Einkommensbereiche durch die Einmalzahlungen relativ stark entlastet werden, werden sie in den Folgejahren relativ schwächer entlastet", sagte Bernhofer.
Im ersten Jahr sei die Kostenabdeckung somit zwar relativ hoch, in den Folgejahren sinke die Entlastung aber ab, sodass insgesamt lediglich rund 40 Prozent der "Überinflation", also der Inflation, die über der angestrebten Inflation von 2 Prozent liegt, kompensiert werden würden. Insgesamt sei das Paket deshalb zu wenig nachhaltig. "Angesichts der Prognosen muss hier noch etwas kommen weil sonst die sozialen Probleme zu groß werden", sagte Bernhofer.
Forderung: Sozialleistungen anheben
AK und ÖGB fordern in diesem Zusammenhang eine Anhebung der Sozialleistungen, etwa des Arbeitslosengeldes, der Notstandshilfe, der Sozialhilfe und der Mindestpension. Vor allem untere Einkommensbereiche würden verhältnismäßig viel für Wohnen, Verkehr und Energie ausgeben. "Es steigen genau die Kosten, denen man sich nicht entziehen kann", sagte die Leiterin der Sozialpolitik in der AK Wien, Sybille Pirklbauer. Die Indexierung der Sozialleistungen sei zwar zu begrüßen, ändere aber nichts daran, dass sich Bezieherinnen und Bezieher von Sozialleistungen bereits jetzt vielfach unter der Armutsschwelle befinden. "Wir haben hier ein massives Armutsproblem und brauchen substanzielle Erhöhungen", so Pirklbauer.
Außerdem würden im Paket Maßnahmen fehlen, die für niedrigere Preise sorgen. Miriam Baghdady vom volkswirtschaftlichen Referat des ÖGB verwies in diesem Kontext auf die Rücknahme der Mieterhöhungen und die Ausweitung von Mietobergrenzen auch auf Neubauwohnungen, die älter als 30 Jahre sind. Eine weitere Maßnahme seien befristete Steuersenkungen, etwa bei der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und Energie. Darüber hinaus fordern die Arbeitnehmervertretungen die Besteuerung von Übergewinnen bei Energieversorgern und vermögensbezogene Steuern, beispielsweise auf Erbschaften.