Bleiberecht
Akt der Familie Zogaj "liegen geblieben"
30.10.2007
Die Entscheidung über einen humanitären Aufenthaltstitel für Arigona Zogaj und ihre Familie könnte sich weiter verzögern.
Der Grund: Bisher ist beim Innenministerium kein einziger Fall eingetroffen, der nach dem neuen Kriterienkatalog beleuchtet werden soll - auch nicht jener der 15-Jährigen und ihrer Mutter. Der Akt wurde "verschlampt". Der oberösterreichische Soziallandesrat Josef Ackerl (S) will die Effizienz der Verwaltungsabläufe nun überprüfen lassen.
Noch kein Akt in Wien eingelangt
Vor rund einem Monat ist das
neue Formular, das Innenministerium und Länder gemeinsam entwickelt haben,
kundgemacht worden. In Oberösterreich werden rund 30 ausländische Familien
nach diesen neuen Kriterien nochmals überprüft. In der Steiermark seien es
22 Fälle und in Salzburg gehe man von vorsichtig geschätzten zwölf Familien
aus. Das Ungewöhnliche: In Wien sei aber noch kein einziger Antrag
eingetrudelt!
Akt "Familie Zogaj" noch nicht untersucht
Auch der Akt
der Familie Zogaj ist offensichtlich "liegen geblieben". Dieser
befinde sich weiterhin in Oberösterreich, räumte Ackerl ein. Erst am
Dienstag seien die Unterlagen auf seinem Schreibtisch gelandet. Ursprünglich
hatte es geheißen, die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck habe den Akt
bereits Anfang Oktober nach Wien geschickt. Ackerl verspricht jetzt, daß er "unverzüglich
die entsprechenden Schritte setzen" werde. Der Akt "wird dann von
uns direkt nach Wien weitergeleitet. Ich nehme an, dass das nächste Woche
sein wird", kündigte der Landesrat an.
Kriterien für Bleiberecht festgelegt
Der
Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat heute fixe Bleiberechts-Kriterien
festgelegt wie etwa den Status des Familienlebens oder die Aufenthaltsdauer
in Österreich. Diese Kriterien wurden im Einklang mit Entscheidungen des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte festgelegt und müssen von allen
Behörden, die über Ausweisungen entscheiden, ab sofort berücksichtigt
werden. Weiters hat der VfGH ein Gesetzesprüfungsverfahren betreffend
Erteilung von Niederlassungsbewilligungen aus humanitären Gründen
eingeleitet.
Verfassungswidrig?
In den meisten Fällen ist bei solchen
Verfahren eine Aufhebung der Gesetzespassagen die Folge. Die
Verfassungsrichter sind der Meinung, dass es im Hinblick auf die
Menschenrechtskonvention verfassungswidrig sei, dass Betroffene kein
Antragsrecht auf Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen haben,
sondern davon abhängig sind, ob die Behörde von sich aus tätig wird oder
nicht. Diese Gesetzesregelung wird nun geprüft.
Die Kriterien im Detail
Beim Bleiberecht halten die
Verfassungsrichter fest, dass die Behörden in jedem Einzelfall eine
Gesamtbetrachtung unterschiedlicher Kriterien anzustellen haben. Die
Kriterien im Detail:
- Aufenthaltsdauer
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität
- der Grad der Integration
- strafrechtliche Unbescholtenheit
- die Bindung zur Heimatstadt
- Erfordernisse der öffentlichen Ordnung
- die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.
"Durchführungsaufschub" aufgehoben
Weiters hat
der VfGH eine Ausweisungsbestimmung im Asylgesetz als verfassungswidrig
aufgehoben. Diese betrifft den sogenannten "Durchführungsaufschub".
Der hat bewirkt, dass eine Ausweisung aus vorübergehenden Gründen (etwa
Krankheit oder Schwangerschaft) nicht durchgeführt werden darf. Das Problem
dabei war, der Zeitpunkt der Abschiebung bereits fix festgelegt war. Selbst
wenn sich der Gesundheitszustand des Asylwerbers nicht ausreichend gebessert
hat, wurde er zum vereinbarten Zeitpunkt abgeschoben, denn das - jetzt
aufgehobene - Gesetz hat keine weitere Aufschiebung der Ausweisung
vorgesehen. Diese Bestimmung fällt jetzt weg.