Wie die russische Nachrichtenagentur TASS berichtet, lebt die ehemalige Außenministerin Karin Kneissl seit mehreren Wochen in einem gemieteten Haus in Russland.
Kneissl soll seit einigen Wochen im Dorf Petrushovo in der Region Rjasan wohnen, wie das Dorfoberhaupt gegenüber der Nachrichtenagentur TASS erzählt. Bereits Mitte Juni verriet die ehemalige Außenministerin gegenüber der Nachrichtenagentur, sie denke "ernsthaft über einen Umzug nach Russland nach."
#Austria #Russia.Former Austrian #ForeignMinister Karin #Kneissl has settled inthe village of #Petrushovo in the #Ryazanregion,intends to stay there for at least a month.She is persecuted because she is vs the war: "I had to leave my old life, start over, and at 60 it's not easy" pic.twitter.com/1rsunoGmea
— Donato Yaakov Secchi (@doyaksec) August 8, 2023
Kneissl traf Putin zuletzt 2019
Wie die Lokalzeitung "Vidsboku" berichtet, wurde Kneissl zudem auf einem Dorffest in der Region gesichtet. Bilder und Videos davon gehen derzeit im Netz viral. Gegenüber der Zeitung bestätigt sie, sich 350 Kilometer südlich von Moskau eingemietet zu haben: „Ich habe es für einen weiteren Monat gebucht, dann werden wir sehen, was passiert.", erklärt Kneissl im Interview, das wegen ihrer einstweilen rudimentärer Russischkenntnisse auf Englisch geführt wurde. Außerdem erzählte sie gegenüber dem Lokalmedium, sie habe ihren besonderen Hochzeitsgast Wladimir Putin zuletzt 2019 getroffen.
"In Petruschowo gibt es keine Sehenswürdigkeiten, aber es handelt sich um ein gepflegtes russisches Dorf. Mittlerweile ist das selten", beschrieb "Vidsboku" den Ort. Die ehemalige österreichische Außenministerin habe das Haus einer Französin gemietet, bereits viele Dorfbewohnerinnen und -bewohner kennengelernt und führe kein Einsiedlerleben.
"Ich musste aus Europa fliehen"
Kneissl erzählte erneut, dass sie Österreich verlassen habe müssen. Aber auch in Frankreich habe sie nicht arbeiten dürfen und es sei ihr dort die Eröffnung eines Bankkontos versagt worden. Sie habe Angst bekommen. "Ich musste aus Europa fliehen, man hat mich nirgends aufgenommen", erzählte sie.
Zudem hielt Kneissl, wie auf einem Youtube-Video zu sehen ist, eine Rede vor anderen Besuchern des Dorffestes. Dort erzählte sie, wie wohl sie sich hier fühle. "Wenn ich Hühner, Enten, Ziegen auf der Straße sehe - das ist auch meine Welt, da ich in einem kleinen Dorf in Österreich gelebt habe", so Kneissl in eher brüchigem Russisch.
Die Ex-Außenministerin soll dem Medienbericht zufolge an einem Buch zur aktuellen Situation in Europa arbeiten, welches im Oktober oder November 2023 erscheinen soll. Sie sei eingeladen worden, an der Staatlichen Universität in St. Petersburg zu unterrichten. Kneissl erwähnte zudem den an dieser Uni kürzlich eingerichteten Thinktank "Geopolitical Observatory for Russia's Key Issues" ("Geopolitisches Observatorium für Russlands Schlüsselthemen", Anm.), der von ihr geleitet wird. Zudem lerne sie momentan Russisch.
Kneissl beklagt Fragen zu Kniefall vor Putin
Kneissl war von 2017 bis 2020 österreichische Außenministerin. In Erinnerung bleibt sie vielen vor allem durch ihren Kniefall bei ihrer eigenen Hochzeit im Jahr 2018 vor Kreml-Herrscher Wladimir Putin. "In meinem Leben ist viel passiert, aber die ganze Zeit werde ich dazu befragt", beklagte die Ex-Politikerin gegenüber Lokaljournalisten, die sie diesbezüglich fragten.
Das fünf Autostunden südöstlich von Moskau gelegene Petruschowo, in dem laut öffentlichen Angaben nur wenige Dutzend Menschen leben, darf trotz fehlender Attraktionen als eines der bekannteren Dörfer Russlands gelten. Denn dank der Aktivitäten der in Moskau tätigen Französin Irène Commeau, die hier seit Mitte der Neunzehnneunziger Immobilienbesitz erworben hat, schaffte es der Ort sogar in die internationale Presse. Selbst die New York Times berichtete 2009 aus Petruschowo.