Gewerkschaft demonstriert, warnt vor Pflegekrise. Caritas fordert Reform.
Die Gewerkschaften GÖD und younion haben am Freitag ihre Warnungen vor zunehmenden Personalengpässen in Österreichs Krankenhäusern verschärft. Die Zahl der gesperrten Spitalsbetten sei seit Mai um 24 Prozent auf österreichweit 3.442 gestiegen, hieß es auf der Demo. Dabei wurde eine mannshohe Streichholzschachtel als Symbol für das Ausbrennen des Personals vor dem Gesundheitsministerium aufgestellt.
Mehr als 3.000 Pflegekräfte und 1000 Ärzte fehlen
Bundesweit fehlten in den Landes-, Gemeinde- und Bezirkskliniken insgesamt 3.369 Pflegekräfte, was einem Anstieg um 19,2 Prozent im Vergleich zum Mai dieses Jahres entspreche. Bei den Ärztinnen und Ärzten seien aktuell 986 Stellen unbesetzt, so Reinhard Waldhör von der GÖD. Dazu komme die "Flucht in die Teilzeit".
Die Zahlen würden also immer dramatischer, und der Herbst und Winter stünden ja erst bevor, meinte auch Edgar Martin von der younion. Immer mehr Beschäftigte kehrten dem Gesundheitswesen den Rücken, mehr als an Nachwuchs dazukomme. Dem Ausbrennen im Gesundheitswesen müsse daher klar Stopp gesagt werden.
Streik-Drohung
Wie schon bei ihren letzten Protesten verlangen die Gewerkschaften die Steuerfreiheit ab der 32. Wochenstunde und eine Senkung der Arbeitszeit von 40 auf zunächst 37,5 Stunden pro Woche. Und sie wollen Druck aufbauen. Man frage in den nächsten Tagen die Bereitschaft zu gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen ab, kündigte Martin an: "Das nächste Mal stehen wir hier nicht allein." Es Groß-Streik scheint möglich.
Für einen anderen Teilbereich der Beschäftigten im Gesundheitswesen machten sich am Donnerstag Arbeiterkammer und die Gewerkschaft der Privatangestellten stark. In einem offenen Brief forderten sie Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) auf, für die eine Novelle des Gesundheitsberuferegisters zu sorgen, um medizinische Assistenzberufe wie etwa Ordinationsassistent:innen aufzunehmen.
Caritas fordert Systemreform in der Pflege
Vor dem Hintergrund des Feilschens um den Finanzausgleich setzt sich auch die Caritas für eine Stärkung des Pflegebereichs ein. Bei einer Pressekonferenz am Freitag fordern Caritas-Präsident Michael Landau, Generalsekretärin Anna Parr und Caritasdirektor Klaus Schwertner: „Der Weg in die Pflege und Betreuung der Zukunft führt über eine Systemreform. Weg vom Stückwerk, hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung. Die Pflege braucht Pflege, und zwar weit über diese Legislaturperiode hinaus!“
Landau verwies dabei auf die laufenden Verhandlungen zum Finanzausgleich: „Die Verhandlungen bieten die Chance, die Investitionen im Bereich Pflege und Betreuung abzusichern. Dazu wird es aber notwendig sein, den Pflegefonds deutlich stärker auszustatten als aktuell vorgesehen.“ Dieser Bundesregierung ist es gelungen, mit der Pflegereform erste Schritte in die richtige Richtung zu setzen, aber, so Landau: „Noch ist eine gute Zukunft für die Pflege und Betreuung keinesfalls gesichert. Der Weg, der vor uns liegt, ist lang. Was es braucht, ist eine Systemreform. Eine Systemreform, die unter anderem langfristige Finanzierung, ein Pflege-Kraft-Paket sowie eine österreichweite Harmonisierung – über Bundesländergrenzen hinweg – beinhalten muss.“