Der Paris-Besuch von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) ist durch die Ausschreitungen in den Außenbezirken der französischen Hauptstadt stark beeinträchtigt worden.
Sämtliche offizielle Termine mussten am Donnerstag aus Sicherheitsgründen abgesagt werden. Raab meinte dazu in einem Pressegespräch: "Wenn wir mitten in Europa Viertel haben, wo es nicht mehr möglich ist sie zu besuchen, ist das eine sehr erschütternde Sachlage."
Es sei zu 100 Prozent nachvollziehbar, wenn der tragische Tod eines Jugendlichen Emotionen auslöse, meinte die Ministerin Bezug nehmend auf den Auslöser der Proteste. Gleichzeitig sei aber erschütternd zu sehen, was an sozialer Sprengkraft in den Banlieues vorhanden sei.
Besuch in Problemvierteln aktuell nicht möglich
Eigentlich hätte Raab mit der französischen Staatssekretärin Sonia Backes einen dieser mit hoher Kriminalität belasteten Vororte von Paris besuchen sollen. Doch ließ dies die Sicherheitslage nicht zu. Offizielle Delegationen konnten die Bezirke nicht besuchen. Auch Treffen mit lokalen Präfekten waren nicht möglich, da diese mit der Krisenbewältigung beschäftigt waren. Ganz Paris sei im Krisenmodus, wie die Ministerin befand.
Für Raab zeigt sich hier exemplarisch, dass Gefahren aus abgeschotteten Milieus entstehen. So werde auch explizit gegen staatliche Symbole zur Gewalt aufgerufen.
Solchen Entwicklungen will sie folgerichtig in Österreich vorbeugen. Dafür brauche es auch Bürgermeister und Gemeindevertreter, um einzugreifen, wo sich Parallelgesellschaften ergeben könnten. Sie sei daher auch an die Bundesländer und Städte herangetreten.
Segregationsbericht
Im Segregationsbericht werden Parameter aufgestellt, die hier zur Identifikation möglicherweise problematischer Konstellationen dienen sollen. Herangezogen werden dabei etwa Ausländer-Anteil, Arbeitslosenquote, Frauen-Erwerbsquote oder Kriminalität.
Auch wenn das Paris-Programm der Ministerin deutlich geschrumpft war, will sie den Kontakt mit Frankreich jedenfalls weiter pflegen. Staatssekretärin Backes wird im Herbst beim "Vienna Forum" erwartet, einem Experten-Austausch zum Thema Extremismus.
150 Festnahmen nach zweiter Nacht mit Ausschreitungen
In Frankreich ist es nach einem tödlichen Schuss der Polizei auf einen Jugendlichen die zweite Nacht in Folge zu schweren Ausschreitungen gekommen. Landesweit seien 150 Menschen festgenommen worden, teilte Innenminister Gerald Darmanin am Donnerstag mit. Dutzende Polizisten seien bei Auseinandersetzungen mit Protestierenden verletzt worden. Zahlreiche Gebäude von Behörden wurden attackiert oder in Brand gesetzt.
"Nacht unerträglicher Gewalt"
"Eine Nacht unerträglicher Gewalt gegen Symbole der Republik: Rathäuser, Schulen und Polizeistationen werden in Brand gesteckt oder angegriffen", schrieb Darmanin auf Twitter. Präsident Emmanuel Macron bezeichnete die Gewalt als "nicht zu rechtfertigen". Deren Auslöser ist der Tod eines 17-Jährigen nordafrikanischer Herkunft, der am Dienstag im Pariser Arbeitervorort Nanterre bei einer Verkehrskontrolle erschossen worden war. Der Staatsanwaltschaft zufolge hatte er trotz Aufforderung der Polizei seinen Wagen nicht gestoppt. Bereits in der Nacht auf Mittwoch war es dann zu Gewalt auf den Straßen gekommen, die Macron "unentschuldbar" genannt hatte.
In Nanterre, wo der getötete Jugendliche namens Nahel gewohnt hatte, kam es zu den heftigsten Auseinandersetzungen. In der Nacht auf Donnerstag setzte dort eine aufgebrachte Menge Autos in Brand und schoss mit Feuerwerkskörpern auf die Polizei.
Krawalle auch in Lille und Toulouse
In Lille im Norden und in Toulouse im Südwesten kam es ebenfalls zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten. Ausschreitungen gab es nach Polizeiangaben auch in Amiens, Dijon und im Departement Essonne südlich von Paris.
Für den Vormittag kündigte die Staatsanwaltschaft von Nanterre eine Pressekonferenz an, um über die Ermittlungen zum gewaltsamen Tod des Jugendlichen zu berichten. Gegen einen Polizisten wird wegen vorsätzlicher Tötung ermittelt.