Protest beim Empfang in Wien

Pfeifkonzert bei Orban-Besuch

28.07.2022

Beim Empfang des ungarischen Premiers Viktor Orban in Wien gab es Buhrufe und Pfiffe einer Demo-Gruppe.

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Wien. Am Donnerstagvormittag wurde der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban vor dem Bundeskanzleramt am Ballhausplatz von Bundeskanzler Karl Nehammer empfangen. Am Rande des Empfanges haben sich zwei Gruppen versammelt, um gegen Orban zu demonstrieren. Als der ungarische Premier aus dem Auto ausstieg gab es auch schon erste Buhrufe und Pfiffe. Versammelt hatten sich die "Omas gegen Rechts" und die Initiative "SOS Balkanroute", die mit Trillerpfeifen gegen die Flüchtlingspolitik und gegen die jüngsten umstrittenen Aussagen Orbans zu "Rassenvermischung" und Gaskammern protestierten.

© oe24.TV/Screenshot

Orbán hatte am Samstag in einer Rede im rumänischen Kurort Baile Tusnad der "Rassenvermischung" eine heftig kritisierte Absage erteilt. Auch mit einem auf die NS-Gaskammern anspielenden Scherz sorgte er für Empörung.

Der ungarische Regierungschef rechtfertigte sich später mit den Worten, hinsichtlich Antisemitismus und Rassismus verfolge seine Regierung eine "Politik der Null-Toleranz". Sein am Dienstagabend veröffentlichtes kurzes Schreiben richtete er an seine langjährige Mitstreiterin, die Soziologin Zsuzsa Hegedüs. Die Beauftragte des Regierungschefs für gesellschaftlichen Anschluss war aus Empörung über die rassistischen Äußerungen Orbáns am Dienstag zurückgetreten. 

Nehammer hatte am Mittwoch nach dem Sommerministerrat zugesagt, den ungarischen Regierungschef darauf anzusprechen. "Alles, was mit Verharmlosung zu tun hat, ist für uns inakzeptabel", sagte der Kanzler.

Kritik an Ungarns Flüchtlingspolitik

Die Gruppe "Omas gegen Rechts" und die Initiative "SOS balkanroute" kritisierten beim Orban-Empfang am Ballhausplatz auch die derzeitige Flüchtlingspolitik Ungarns: "Wann holen wir Menschen aus den Elendslagern am Rande Europas?", stand auf einem Plakat.

Aktion. Außerdem gab es eine Protestaktion. Zwei Männer mit Orban- und Nehammer-Masken führten am Ballhausplatz demonstrativ Flüchtlinge ab.

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Schwerpunktthemen des Treffens waren neben den bilateralen Beziehungen unter anderem der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und dessen Folgen, die EU-Erweiterung um die Staaten des Westbalkans sowie die verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit beider Länder im Kampf gegen die irreguläre Migration: Gemeinsam trete man für die Stärkung der EU-Außengrenzen ein.

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Vor allem die EU sei gefordert, hier endlich die notwendigen Schritte zu setzen. Zurzeit, sei man allerdings auf sich selbst angewiesen und werde daher die Zusammenarbeit in diesem Bereich noch weiter vertiefen, so der Bundeskanzler. Aus diesem Grund, wird Österreich gemeinsam mit Ungarn und Serbien die Task Force Schleppereibekämpfung einrichten und die Grenzschutzeinheit in Ungarn zukünftig auch bei der Ausbildung unterstützen, wie das Bundeskanzleramt in einer Aussendung berichtet. Die enge Kooperation zwischen den beiden Nachbarländern habe sich bereits in der Vergangenheit bewährt: Durch die österreichisch-ungarisch gemischten Streifen konnten allein in diesem Jahr bereits rund 130 Schlepper auf ungarischem Staatsgebiet angehalten werden, so das BKA. Außerdem helfen 50 österreichische Polizisten, die ungarische Außengrenze zu sichern.

Nehammer: Mit Ungarn "seit Jahrzehnten eng verbunden"

Bundeskanzler Nehammer zum Besuch Orbans: "Ungarn ist unser Nachbarland, wir sind seit Jahrzehnten eng verbunden, als Freunde und Partner. Auch wirtschaftlich ist die Zusammenarbeit für beide Länder existentiell wichtig. Österreich hat rund 1.400 Niederlassungen in Ungarn und ist außerdem der drittgrößte Investor dort, umgekehrt finden zehntausende Ungarinnen und Ungarn Arbeit in Österreich. Auch die österreichischen Exporte sind im letzten Jahr um ein Viertel gestiegen. Als Nachbarn verbinden uns außerdem unsere Bemühungen um den Westbalkan und dessen EU-Perspektive. Gemeinsam haben wir uns beim letzten Europäischen Rat für den EU-Kandidatenstatus von Bosnien stark gemacht."

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"Wichtigstes Thema war heute auch der Kampf gegen die irreguläre Migration und das Schleppergeschäft: Die Schlepper machen ihr Geschäft mit der Not von Menschen. Das werden wir nicht dulden. Österreich sieht sich – wie andere Mitgliedstaaten – mit steigenden Asylantragszahlen konfrontiert. Neben den bereits 80.000 aufgenommenen Ukrainern, wurden im ersten Halbjahr bereits rund 31.000 Asylanträge gestellt", so Nehammer.

So reagierte Nehammer auf umstrittene Orban-Aussagen

In Bezug auf die rezente Rede von Ministerpräsident Orban in Siebenbürgen hat Bundeskanzler Nehammer das direkte Gespräch gesucht: "Jede Äußerung, die man als Verharmlosung des Holocaust oder als Rassismus verstehen kann, ist abzulehnen. Das habe ich in unserem Gespräch auch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Österreich hat hier eine besondere historische Verantwortung, der wir als Bundesregierung mit zahlreichen Maßnahmen, die wir in den vergangenen Jahren gesetzt haben, nachkommen."

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