Ärztekammer fordert Rettungsplan
Schlimme Zustände: Patientin muss im AKH am Boden schlafen
30.03.2023In Wien sorgen Gangbetten in Spitälern seit Jahren regelmäßig für Diskussionen - und für wiederholtes Einschreiten der Volksanwaltschaft. "
Mehrere Medien haben am Donnerstag Fotos veröffentlicht, die eine Patientin im Wiener AKH auf einem Matratzenlager am Gangboden zeigen, neben Gangbetten. Das größte Krankenhaus Österreichs betonte, eine Unterbringung am Boden auf dieser Station komme nur in Ausnahmefällen und in Absprache mit den Angehörigen vor.
Laut den Medienberichten stammen die Aufnahmen aus der Uniklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie. Die Bilder seien in der Nacht auf den 14. Februar entstanden, heißt es. Ein Leintuch wurde als Sichtschutz über die Patientin gespannt. In besagter Nacht mussten laut AKH 29 statt der vorgesehenen 28 Patientinnen und Patienten versorgt werden. Bei der Unterbringung am Boden gehe es darum zu verhindern, dass Patienten, die nach Unfällen verwirrt oder unruhig sind, aus dem Bett fallen. Es handle sich um das gelindeste Mittel zur Abwehr von Fremd- und Selbstgefährdung.
Laut AKH nur "in Ausnahmefällen"
"In Ausnahmefällen müssen Maßnahmen, wie Unterbringung in unmittelbarer Nähe des Pflegestützpunktes, an dieser einen unfallchirurgischen Station gesetzt werden", schrieb das AKH am Donnerstag in einer Stellungnahme gegenüber der APA. In einem Zimmer sei keine lückenlose Beobachtung durch das Personal möglich. "Patientinnen und Patienten mit kognitiven Einschränkungen, die auf zwei Matratzen ohne Bett untergebracht werden, können direkt überwacht werden, ohne dass sie sich selbst gefährden und ohne dass freiheitsbeschränkende Maßnahmen erforderlich sind", so die Argumentation des AKH. Im Sinne der Patientensicherheit sei es wichtig, Patientinnen und Patienten "zumindest eine Nacht zu beobachten".
Der Wiener Patientenanwalt Gerhard Jelinek kann "aus ethischen und hygienischen Gründen eine Lagerung am Gangboden nicht gutheißen", sagte er dem "Kurier". In einer Notsituation sei dies aber wohl das gelindeste Mittel. "Sollten solche Vorfälle gehäuft auftreten, wäre das nicht zu tolerieren", sagte Jelink. Besser wäre es gewesen, eine Überwachungsperson zu organisieren, betonte der Patientenanwalt.
Solche "Sitzwachen" gibt es im AKH. Diese Aufsichtspersonen für kognitiv eingeschränkte Patientinnen und Patienten wachen über Nacht am Bett, was Betroffene beruhigt und das Pflegepersonal entlastet. Im Vorjahr wurde am AKH bereits für rund 2.000 Pflegetage - von insgesamt 500.000 - eine Sitzwache angefordert. Der Einsatz von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen wurde dadurch nach Angaben des Spitals um rund 35 Prozent gesenkt.
Ärztekammer fordert Rettungsplan für Spitäler
Die Ärztekammer Wien forderte am Donnerstag einen Rettungsplan für die Spitäler in der Bundeshauptstadt. "Wir haben dem Wiener Gesundheitsverbund Anfang März einen detaillierten Themen- und Verhandlungsplan vorgeschlagen. Angesichts der Szenen, die sich auf der Unfallchirurgie am Wiener AKH abspielen, kann ich nur hoffen, dass die Gespräche rasch beginnen", sagte Stefan Ferenci, Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien. Mit dem vorgeschlagenen Zeitplan würden die Verhandlungen noch vor dem Sommer abgeschlossen, so die Ärztekammer. "Das ist wichtig, weil bis spätestens Juli der Finanzausgleich und damit auch die Budgetmittel der Spitäler für die nächsten Jahre fixiert werden", betonte Ferenci.
Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer forderte, dass der zuständige Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) "endlich die Verantwortung übernehmen" müsse. "Es kann nicht sein, dass im Wiener Gesundheitsbereich jede Woche eine neue Schreckensmeldung aufschlägt und dies seitens der politischen Verantwortlichen, allen voran von Gesundheitsstadtrat Hacker schöngeredet wird", so die Gesundheitssprecherin der Wiener Volkspartei, Gemeinderätin Ingrid Korosec. Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp forderte nach den "schockierenden Fotos" den sofortigen Rücktritt von Hacker. "Es reicht jetzt endgültig", so Nepp in einer Aussendung. Er verwies unter anderem auf "hunderte Gefährdungsanzeigen durch Ärzte und Pflegepersonal.