Kritik am Baubeginn
AKW-Ausbau von Mochovce unter Beschuss
03.11.2008
Im AKW Mochovce beginnt der Ausbau. Es hagelt Kritik aus Österreich - allerdings nicht von der Regierung.
Die Slowakischen Elektrizitätswerke SE haben am Montag mit der Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 des Atomkraftwerkes Mochovce begonnen. Der Ausbau kostet nach Angaben des Unternehmens rund 2,78 Milliarden Euro, um die Hälfte mehr als erwartet. Regionalpolitiker und Umweltorganisationen übten Kritik an der österreichischen Regierung, die ihrer Ansicht nach nicht genug gegen den Ausbau unternehme.
"Massive Sicherheitsrisiken"
Die Umweltorganisation
GLOBAL 2000 sowie Radko Pavlovec, Anti-Atom-Beauftragter des Landes
Oberösterreich, forderten die Regierung erneut auf, gegen den umstrittenen
Bau zu protestieren. "Ein Baubeginn vor der Durchführung der
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) schafft Fakten. Das widerspricht dem
Geist und Gehalt der gesetzlichen Vorschriften zur UVP", so Silva Herrmann,
Anti-Atom-Sprecherin von GLOBAL 2000, die "massive" Sicherheitsrisiken durch
das rund 200 Kilometer von Wien entfernte AKW sieht.
Laut Pavlovec stellt die "rücksichtlose Vorgangsweise" des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico auch eine "Brüskierung der EU-Kommission" dar. Die EU-Kommission hatte heuer im Juli zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen beim Ausbau gefordert. Dabei hatte sie vor allem Mängel bei der Schutzhülle ("Containment") des russischen Reaktortyps kritisiert.
"Unverantwortlich"
Auch die Organisationen "Anti Atom
Komitee" und "Antiatom Szene" gingen mit der österreichischen
Bundesregierung hinsichtlich der Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 des
slowakischen Atomkraftwerkes Mochovce hart ins Gericht: Deren Untätigkeit
sei nicht länger tolerierbar, betonten die Aktivisten. "Es ist unglaublich
und absolut unverantwortlich, dass unsere Regierungsvertreter die Bedenken
der besorgten Bevölkerung in keinster Weise zu tangieren scheinen." Die
Aktivisten verwiesen auf eine Online-Protestaktion gegen den AKW-Ausbau, an
der Tausende teilgenommen hätten, die aber von der Regierung in Wien
ignoriert werde.
Sima fordert Pröll auf, aktiv zu werden
Die Wiener
Umweltstadträtin Ulli Sima (S) bezeichnete die Fertigstellung des
AKW-Ausbaus im slowakischen Mochovce als "völlig inakzeptabel". "Mochovce
stellt für Wien ein atomares Risiko dar, der Weiterbau verdoppelt das
Risiko", schrieb Sima. Sie fordere den zuständigen Umweltminister Josef
Pröll (V) auf, sicherzustellen, dass vor jeglichen Baumaßnahmen zuerst eine
Umweltverträglichkeitsprüfung, "die diesen Namen auch verdient",
durchgeführt werde.
Auch FPÖ schickt "Weckruf"
Der oberösterreichische
FPÖ-Klubobmann Günther Steinkellner schickte einen "Weckruf" Richtung Wien.
Dieser solle die Bundesregierung aus ihrer durch die laufenden
Koalitionsverhandlungen verlängerten Untätigkeit reißen. Einen
"windelweichen Protest" wie beim tschechischen Kernkraftwerk Temelin könne
man sich sparen. "Der wäre das Papier nicht wert, auf dem er steht", meinte
der Landtagsabgeordnete Steinkellner.
Inbetriebnahme für 2013 geplant
Die Slowakischen
Elektrizitätswerke planen, Block 3 des Kraftwerks im September 2012 in
Betrieb zu nehmen; Block 4 soll in der ersten Hälfte des Jahres 2014 folgen.
Ungefähr 70 Prozent der Bauarbeiten und 30 Prozent der Arbeit an der
Technologie wurden schon abgeschlossen. Der Ausbau ist umstritten, da es
sich ursprünglich um ein Projekt aus dem Jahr 1986 handelt, das nun auf der
Grundlage einer über 20 Jahre alten Baugenehmigung durchgeführt werden soll.
Nach monatelangen Protesten von österreichischen und slowakischen
Umweltschützern hatte die Slowakei im September eine
Umweltverträglichkeitsprüfung zugesagt - durchgeführt wurde diese bisher
nicht.
Die neuen Blöcke sollen die Energielücke nach der Schließung der beiden Reaktorblöcke der Anlage V-1 im slowakischen Atomkraftwerk Bohunice füllen. Deren Schließung war eine Voraussetzung für den EU-Beitritt der Slowakei. Die Slowakischen Elektrizitätswerke gehören zu 66 Prozent dem italienischen Energiekonzern Enel, 34 Prozent der Anteile kontrolliert der slowakische Wirtschaftsminister.