Kritik

"Alarmglocken" - Grüne wettern gegen Orbán-Besuch

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Die geschäftsführende Klubchefin der Grünen, Sigrid Maurer, warnte vor der bisherigen Amtsführung Rosenkranz': "Diese Alarmglocken, sie schrillen laut."

Wien. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hat am Donnerstag Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) und Freiheitlichen-Chef Herbert Kickl in Wien getroffen. Die Begegnung fand im Empfangssalon des Parlaments statt. Am Nachmittag nimmt der ungarische Premier an einer Podiumsdiskussion der Schweizer Wochenzeitung "Weltwoche" teil.

Orbán ist der erste internationale Gast des frischgebackenen Nationalratspräsidenten Rosenkranz. Die FPÖ und Orbáns Fidesz gehören beide der neuen Rechtsaußen-Europafraktion "Patrioten für Europa" an.

Überraschend war bei dem Treffen mit Rosenkranz auch Kickl anwesend. Er wurde von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker - Vorsitzender der parlamentarischen Freundschaftsgruppe mit Ungarn -, EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky und FPÖ-Außenpolitiksprecherin Susanne Fürst begleitet. Eine Visite Orbáns bei Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) war laut Informationen aus dem Vorfeld nicht vorgesehen.

Rosenkranz und Kickl sehr erfreut über Orbáns Besuch

Rosenkranz und Kickl zeigten sich laut einer Aussendung der Parlamentsdirektion sehr erfreut über Orbáns Besuch. "Diesmal ist es im Parlament - wir arbeiten noch daran, dass es beim nächsten Mal im Bundeskanzleramt sein wird", so der FPÖ-Chef. Nach wie vor bestehe die Chance einer Regierungsbeteiligung seiner Partei, sagte er. Auch Orbán drückte demnach seine Hoffnung aus, dass einmal ein Bundeskanzler aus der Freiheitlichen Partei den Ministerpräsidenten Ungarns empfangen wird.

Nach dem Treffen in größerer Runde zogen sich Orbán und Kickl im Anschluss zu einem bilateralen Gespräch zurück, berichtete das ORF-Radio. Dort sei eine "Wiener Erklärung" unterzeichnet worden, gab die FPÖ in einer Aussendung bekannt. Laut Originaltext handelt es sich bei der Erklärung um eine Zusammenfassung der wichtigsten Prinzipien von FPÖ und Fidesz bezüglich Europa.

"Brüssel soll an politischer Bedeutung verlieren"

In dem Text wird "die besondere Verantwortung des abendländischen Charakters unseres Kontinentes" betont. Dieser Charakter Europas und seine autochthonen Völker seien allerdings durch "das Ausmaß illegaler Migration" und den "organisierten Missbrauch des Asylrechtes" bedroht. Der Text weist zudem einen Ausbau der EU-Institutionen und einen Brüsseler Zentralismus zurück und betont: "Brüssel soll an politischer Bedeutung verlieren, dafür direkte Demokratie und Parlamentarismus in den Heimatstaaten gestärkt werden."

Die Erklärung spricht sich ebenso gegen "eine absurde Vielzahl anderer Geschlechter" neben Frau und Mann aus. Zudem sollen "in der Welt entstandenen Kriege (...) möglichst rasch ein Ende finden", heißt es. "Europa soll sich dabei als Ort für Verhandlungen anbieten und damit dem ursprünglichen Konzept einer EU als Friedensunion gerecht werden."

"Alarmglocken" - Grüne wettern gegen Orbán-Besuch 

Das Treffen, das laut Rosenkranz bereits vor seinem Amtsantritt ausgemacht war, sorgte in der österreichischen Politik für breite Kritik. "Da geht es um Symbol und Signal, und dieses Signal ist fatal", sagte Grünen-Chef Werner Kogler bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Die geschäftsführende Klubchefin der Grünen, Sigrid Maurer, warnte vor der bisherigen Amtsführung Rosenkranz': "Diese Alarmglocken, sie schrillen laut." Dass bei dem Treffen im Empfangssalon die europäische Fahne entfernt wurde und nur die österreichische und die ungarische Fahne aufgestellt waren, sei ein weiteres fatales Signal. Rosenkranz sei "keine Woche im Amt und schon missbraucht er seine Stellung als Nationalratspräsident für eine Parteiveranstaltung seiner FPÖ", twitterte Maurer nach dem Gespräch.

 

 

Scharfe Kritik an dem Besuch übte auch die SPÖ. Rosenkranz werde seiner Rolle als Nationalratspräsident "sicherlich nicht gerecht", wenn er einen Mann empfange, der sein Land in eine "korrupte Elitenherrschaft umgebaut hat", betonte der Parteivorsitzende und Klubobmann Andreas Babler in einer Aussendung. "Wer Orbán zum Vorbild hat, schadet dem Land und den Leuten", so der SPÖ-Chef. Mit der FPÖ sei "kein demokratischer Staat zu machen".

"Er tritt die Werte der liberalen Demokratie regelmäßig mit Füßen"

Nach einem kritischen Brief von NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger an Rosenkranz legten die Liberalen am Donnerstag erneut nach. "Die antieuropäische Haltung des Herrn Orbán darf kein Vorbild für einen Präsidenten des Hohen Hauses sein", so Vize-Klubobmann Niki Scherak in einer Aussendung. "Er tritt die Werte der liberalen Demokratie regelmäßig mit Füßen, schränkt Oppositionsrechte und Minderheitenrechte massiv ein, unterdrückt die Medienfreiheit und nimmt den Menschen in Ungarn die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie sie leben wollen."

Am Rande des Orbán-Besuchs demonstrierten vor dem Parlament die Sozialistische Jugend (SJ) und die SoHo, die Queer-Organisation der SPÖ. "Rosenkranz empfängt mit Orbán jemanden, der die Demokratie mit Füßen tritt und vor allem den Parlamentarismus abbaut", betonte SJ-Chef Paul Stich gegenüber der APA. "Ihn hier als Parlamentspräsident zu empfangen, im Parlament, ist ein bewusstes Signal bis in rechtsextreme Kreise hinein", so der SPÖ-Abgeordnete. Als Orbán einfuhr, skandierten die SJ-Demonstranten lautstark Slogans.

SoHo-Bundessekretär: Man wolle "ein Zeichen setzen"

SoHo-Bundessekretär Sebastian Pay sagte gegenüber der APA, man wolle "ein Zeichen setzen", damit "Orbán an Regenbogenfahnen vorbeifahren muss". Mehrere Maßnahmen der Orbán-Regierung in den vergangenen Jahren waren als Einschränkung der Rechte der LGBTQ-Gemeinschaft international kritisiert worden.

Orbán machte sich auf Facebook in einem Reels-Kurzvideo über die Demonstranten lustig. Dieses zeigt zunächst skandierende Kundgebungsteilnehmer, dann kommt der Einschub "5 minutes later" (Fünf Minuten später), schließlich zeigt das Video mit fröhlicher Musik unterlegt die gleiche Stelle vor dem Parlament ganz ohne Demonstranten. Der Titel des Videos lautet auf Ungarisch "Das ging aber schnell..."

Orbáns Visite ist eigentlich ein Privatbesuch

Orbáns Visite in Wien ist eigentlich ein Privatbesuch: Im Rahmen der "Weltwoche"-Podiumsdiskussion spricht er mit dem deutschen Ex-Kanzler Gerhard Schröder zum Thema "Frieden in Europa" in den Sofiensälen in Wien-Landstraße. Moderiert wird die ausgebuchte Veranstaltung von "Weltwoche"-Herausgeber Roger Köppel.

Köppel hatte erst im Juni Orbán auf dessen umstrittenen Besuch bei Russlands Präsident Wladimir Putin begleitet. Der ungarische Regierungschef, der derzeit auch den EU-Ratsvorsitz innehat, trägt zwar die EU-Sanktionen gegen Russland wegen dessen Krieg gegen die Ukraine zwar im Wesentlichen mit, pflegt aber dennoch gute politische und wirtschaftliche Beziehungen zu Moskau. Deutschlands Altkanzler Schröder unterhält wiederum seit vielen Jahren eine persönliche Freundschaft mit Putin. Er hatte den Einmarsch Russlands in der Ukraine als "schweren Fehler" bezeichnet, eine private Vermittlungsmission im März 2022 scheiterte.

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