Der frühere Finanzminister Grasser sieht sich in der Affäre um die Buwog-Privatisierung politisch und persönlich verfolgt.
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser sieht sich in der Affäre um die Buwog-Privatisierung politisch und persönlich verfolgt. Flankiert von zwei Rechtsanwälten und unter großem Medieninteresse erhob Grasser am Montag erneut schwere Vorwürfe gegen seinen ehemaligen Kabinettsmitarbeiter Michael Ramprecht, gegen den er wegen eines "profil"-Artikels Klage wegen Übler Nachrede erhoben hatte. Ramprecht betreibe aus persönlichen Rachegelüsten eine "Hetzkampagne" gegen ihn, beteuerte Grasser. Die Vorwürfe der Grünen und der SPÖ gegen ihn in der Causa Buwog seien rein politisch motiviert.
Plädiert für U-Ausschuss
Die Justiz solle daher wegen "versuchter
Anstiftung zum Amtsmissbrauch" gegen die "Zurufer an die Justiz"
tätig werden, forderte Grasser. Einen parlamentarischen U-Ausschuss zur
Buwog-Causa würde er aber selber begrüßen. Durch einen U-Ausschuss nach
Abschluss der gerichtlichen Ermittlungen würden alle Vorwürfe gegen ihn
entkräftet, ist Grasser überzeugt.
Will einvernommen werden
In den gerichtlichen Ermittlungen gegen
ihn drängt Grasser erneut darauf, einvernommen zu werden. Im Herbst 2009
hatten die Grünen wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch eine
Sachverhaltsdarstellung gegen den Ex-Finanzminister eingebracht. Seitdem
habe er keine Gelegenheit gehabt, bei einer gerichtlichen Einvernahme seine
Unschuld zu beweisen, klagte Grasser. Sein Anwalt in der Strafrechtscausa,
Manfred Ainedter, bezeichnete es als "Skandal", dass sein Mandant
keine Akteneinsicht bekomme, aber die Protokolle der Einvernahmen der im
Buwog-Skandal ebenfalls Beschuldigten Peter Hochegger und Walter
Meischberger regelmäßig in Medien auftauchten.
"Ramprecht hat gelogen"
Grasser legte nun ein
Protokoll des parlamentarischen Rechnungshof-Unterausschusses vom 26.
November 2003 vor. Schon damals sei die Vergabeentscheidung für die
Investmentbank Lehman Brothers für die Buwog-Privatisierung geprüft worden,
und damals habe Ramprecht beteuert, die Entscheidung sei sachlich nach einem
Punktesystem erfolgt. Lehman sei der Bestbieter gewesen, habe Ramprecht im
Ausschuss dargelegt und davon gesprochen, dass "die besten Köpfe"
zum Zug kamen. Entweder habe Ramprecht damals im parlamentarischen Ausschuss
gelogen, wo er als Befragter unter Wahrheitspflicht stand, oder jetzt vor
Gericht, sagte Grasser.
Sein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter betreibe eine persönlich motivierte "Hetzkampagne" gegen ihn. Das Protokoll des RH-U-Ausschusses ist mit dem Vermerk "vertraulich 1" durchgehend bedruckt. Er habe seine Unterlagen durchforstet und dabei das Protokoll gefunden, sagte Grasser, der von Februar 2000 bis Jänner 2007 Finanzminister war.
Grasser hat seinen ehemaligen Kabinettsmitarbeiter Ramprecht wegen des Vorwurfs der Üblen Nachrede geklagt, weil Ramprecht in einem "profil"-Interview erklärt hatte, die Buwog-Privatisierung wäre ein "abgekartetes Spiel". Dies habe ihm der Grasser-Vertraute Immobilienmakler Ernst Karl Plech nach der Vergabe an Lehman erklärt. Grasser weist dies entschieden zurück und hat Ramprecht und das "profil" wegen Übler Nachrede geklagt. Das Verfahren läuft, es gilt die Unschuldsvermutung. Für 10. Juni ist die nunmehr dritte Verhandlung im Wiener Landesgericht angesetzt.
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat heute erneut betont, dass er selber keine Informationen betreffend der Buwog-Privatisierung an die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger weitergegeben habe. Laut in Medien zitierten Einvernahmeprotokollen hat Hochegger Informationen aus dem Vergabeverfahren an die letztlich siegreiche Immofinanz weitergegeben, diese habe er von Meischberger bekommen. "Ich habe hundertprozentig keine Informationen weitergegeben", betonte Grasser. Die undichte Stelle müsse auch gar nicht im Finanzministerium sein, wehrte er sich gegen Vorwürfe: Jeder Beteiligte im Buwog-Privatisierungsverfahren könnte "rein theoretisch" das Leck sein.
Mögliche "Lecks"
Namentlich nannte der
Ex-Finanzminister als aus seiner Sicht mögliche "Lecks" die
Investmentbank Lehman Brothers, die Anwaltskanzlei Freshfields, die CA-Immo
und das Finanzstaatssekretariat. Überall komme jeweils "die ganze
Mannschaft" als mögliche Informanten in Frage, meinte Grasser. Für alle
Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Lehman Brothers ist unterdessen
insolvent. Bei der Kanzlei Freshfields wollte man auf Anfrage keine
Stellungnahme abgeben. Die CA Immo hat bereits betont, sie wolle
Möglichkeiten zur Wahrung eigener Rechte ergreifen, zunächst seien aber die
Untersuchungsbehörden am Zug.
Lehman Brothers und die Kanzlei Freshfields hatten die Privatisierung begleitet, die CA-Immo war bis zuletzt im Bieter-Wettkampf mit der Immofinanz. Staatssekretär im Finanzministerium war zur Zeit der Buwog-Privatisierung Alfred Finz (V). Die CA Immo hatte für die Buwog zuletzt 960 Mio. Euro geboten, die Immofinanz-Konsorten mit 961 Mio. Euro etwas mehr. Das Rennen machte schließlich die Immofinanz. Eine Provision in Höhe von rund ein Prozent der Kaufsumme (9,6 Mio. Euro) floss von der Immofinanz an die Lobbyisten Meischberger und Hochegger.
Bester Preis für Steuerzahler
Bei der Privatisierung sei
für die Steuerzahler der beste Preis erzielt worden, wiederholte Grasser
heute erneut. Die Vergabe sei "juristisch einwandfrei" abgelaufen. "Ich
habe nicht gewusst, dass Meischberger und Hochegger diesen Auftrag hatten",
betonte Grasser: "Auf unserer Seite ist alles korrekt gelaufen".
Bei der Privatisierung der damals noch staatlichen Buwog 2004 flossen nicht
nur umstrittene - und unversteuert gebliebene - Provisionen der Immofinanz
an Hochegger und Meischberger, sondern im Gegenzug auch offenbar
Informationen an die Immofinanz zu den finanziellen Möglichkeiten des
Mitbewerbers CA-Immo .
Das Immofinanz-Konsortium hat daraufhin im Endspurt sein Angebot nachgebessert und den Zuschlag erhalten. Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics sprach damals von einem "beinharten Bieterverfahren", in dem sich die Immofinanz durchgesetzt habe. Gegen Petrokovics wird in der Causa Immofinanz von der Staatsanwaltschaft ermittelt.
Urlaube selbst bezahlt
Grasser wiederholte heute auch erneut,
dass er alle seine Urlaube stets selber bezahlt habe. Im Zuge der
Ermittlungen war eine Rechnung aufgetaucht, wonach Meischberger einen
Luxus-Urlaub des damaligen Finanzministers und dessen Freundin im April 2004
auf den Seychellen bezahlte. "Ich habe es ihm selbstverständlich
zurückgezahlt", betonte Grasser heute.
In die Hypo-Alpe-Adria habe er nie investiert: "Wenn ich es getan hätte, hätte ich akribisch das Parlament informiert". Angesprochen darauf, dass er den Journalisten ein vertrauliches Protokoll des Rechnungshof-Unterausschusses vorlegte, sagte Grasser: "Ich war oberstes Organ in der Republik".
Widersprüche in Ramprechts Aussagen
Grassers Anwalt Michael
Rami verwies auf Widersprüche in Ramprechts Aussagen: So habe dieser
verschiedene Angaben zum Datum der entscheidenden Sitzung der
Vergabekommission für die Investmentbank gemacht. Außerdem sei laut
Ramprechts Angaben Plech bei der letzten Sitzung am 6. September 2002
dabeigewesen, laut Sitzungsprotokoll habe er aber gefehlt. Plech habe
nämlich den ganzen Tag in Sitzungen der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG)
verbracht.
Auch Ramprechts Angaben zum Datum seines Streitgesprächs mit Plech habe er später geändert. Für Rami zeigt dies die Unglaubwürdigkeit des ehemaligen Grasser-Mitarbeiters auf. Plech selber hat sich im Medienverfahren gegen Ramprecht als Zeuge der Aussage entschlagen, weil er sich möglicherweise dadurch im strafrechtlichen Verfahren selbst belasten hätte können.
SPÖ und Grüne sehen "Finte"
SPÖ und Grüne
haben heute erneut eine Öffnung der Konten des Ex-Finanzministers Karl-Heinz
Grasser gefordert. "Schluss mit dem Promifaktor, gleiche Behandlung aller
Buwog-Beschuldigten durch die Justiz", wetterte SPÖ-Bundesgeschäftsführer
Günther Kräuter. Dass der Ex-Minister nun selber einen parlamentarischen
Untersuchungsausschuss der Buwog-Affäre möchte, wertete Kräuter als
"typische Grasser-Finte".