Nächstes Frühjahr wollen Busek & Co. dann ein Volksbegehren starten.
Ehemalige Spitzenpolitiker unterschiedlicher Parteien haben sich zusammengefunden, um ein Bürgerbegehren für eine lebendigere Politik in die Wege zu leiten. Der Startschuss erfolgte heute bei einer Pressekonferenz in Wien. Bis zum Nationalfeiertag am 26. Oktober will man im Internet (unter http://www.meinoe.at) 8.000 Interessenten gefunden haben, die Forderungen wie die nach einer Vergabe der Hälfte der Mandate nach Persönlichkeitswahlrecht unterstützen. Gelingt das, wird ein Volksbegehren eingeleitet, dessen Eintragungswoche im kommenden Frühling sein soll.
Unzufrieden
Basis der Initiative ist die Unzufriedenheit mit dem Parlamentarismus in Österreich und der Performance der Regierung. Ausgegangen ist das Unternehmen von der Salzburger Politszene: dabei sind unter anderem der frühere Salzburger SPÖ-Chef Wolfgang Radlegger sowie der ehemalige Klubobmann der Grünen, Christian Burtscher, der nun als Sprecher des Bürgerbegehrens fungiert.
Jede Menge Prominenz
Angeschlossen hat sich mittlerweile jede Menge Prominenz auch aus anderen Regionen. Freilich handelt es sich durchwegs um ehemalige Spitzenpolitiker, so etwa um Ex-Vizekanzler Erhard Busek, den früheren Zweiten Nationalratspräsidenten Heinrich Neisser (beide V), den SPÖ-Europaabgeordneten i.R. Herbert Bösch, Ex-Verteidigungsminister und ehemals LIF-Bundessprecher Friedhelm Frischenschlager sowie um zwei frühere Spitzen der Grünen, Johannes Voggenhuber und Andreas Wabl.
Sie alle waren am Montag ins Pressezentrum im Parlament gekommen, um kundzutun, was man mit dem Bürgerbegehren genau will. Primäres Ziel ist, dass schon beim Urnengang 2013 die Hälfte der Mandate über eine Persönlichkeitswahl in den Wahlkreisen vergeben wird, wobei der letztlich erfolgreiche Kandidat über mehr als 50 Prozent der Stimmen verfügen muss. Eine Auswahl der weiteren Ziele: Volksbegehren, die von 400.000 Personen unterstützt werden, sollen zwingend eine Volksbefragung zur Folge haben, die Zahl der Landtagsabgeordneten soll halbiert werden und bei den Parteienfinanzen soll es eine vollständige Offenlegung geben. Spenden müssten ab 100 Euro deklariert werden, wenn es nach "meinoe" geht.
"Das letzte Aufgebot"
Busek sah sich bei der Präsentation in der neunköpfigen Herrenrunde an das Egger-Lienz-Bild "Das letzte Aufgebot" erinnert. Seine Motivation, an der Initiative teilzunehmen beschrieb er unter anderem damit, dass die gegenwärtige Qualität der handelnden Personen nicht stimme. Daher handle es sich bei dem Bürgerbegehren nicht um einen "Denk- sondern um einen Tat-Anstoß". Neisser erhofft sich einen Weckruf an die Zivilgesellschaft, sei Österreich doch mehr "lethargische Republik" als "repräsentative Demokratie". Wabl sieht eine Bewegung gegen die "Demokratie-Zerstörer und Plünderer".
Für Voggenhuber ist in Österreich zwar die Verfassung noch immer von Hans Kelsen, die Realverfassung aber von Helmut Qualtingers "Travnicek". Überall herrschten schlampige Verhältnisse vor. Radlegger und der langjährige Salzburger ÖVP-Abgeordnete Wolfgang Gmachl verwiesen auf die Verschiebung der Budget-Vorlage im vergangenen Jahr durch die Regierung aus rein wahltaktischen Gründen. Von Frischenschlager kam die Forderung, das freie Mandat dafür zu nützen, nicht immer der Tagesstimmung nachhüpfen zu müssen. Bösch sprach von einem "demokratiepolitischen Wahnsinn", dass angesichts der jüngst hoch gekommenen Korruptionsaffären noch immer kein Untersuchungsausschuss eingesetzt worden sei.
Wer sich der Initiative anschließen will, kann das tun, indem er im Internet Namen und Adresse hinterlässt. 8.000 Unterstützungserklärungen will man auf dem Gebiet einholen, um dann im November ein echtes Volksbegehren zu starten. Wenig wahrscheinliche Alternative: die von "meinoe" angeschriebenen Abgeordneten entscheiden sich prompt, die Forderungen der Initiative umzusetzen. Bisher sind auf der "meinoe"-Homepage 54 Sympathisanten eingetragen, darunter der frühere Kunststaatssekretär Franz Morak (V), Snowboard-Weltmeister Benjamin Karl, die Kabarettisten Angelika Nidetzky und Florian Scheuba sowie der Volksbegehren-erprobte Abfangjäger-Bekämpfer Rudolf Fußi.
Bezahlt werden die bisherigen Aktivitäten von den Initiatoren selbst, Spenden werden erbeten: "Regierungsinseraten werden gerne genommen", witzelte Busek. Eine Partei soll aus dem ganzen keine entstehen, auch keine wahlwerbende Gruppe, wie Burtscher versicherte. Es handle sich um unterschiedliche Persönlichkeiten, die sich in dieser einen Sache zusammengefunden hätten. Auf Dauer würden die Parteien sich wohl ohnehin auflösen, die einen - wie seine Wiener ÖVP - früher, die anderen später, und durch im Internet gegründete Plattformen ersetzt werden, mutmaßte Busek.