Verhandlungen

Ampel-Krach: "Eigentlich sollten wir aufstehen…"

30.11.2024

Bei den Ampel-Verhandlungen kracht es an allen Ecken und Enden: Die SPÖ will die Körperschaftssteuer anheben, die ÖVP legt sich quer. Das Budgetloch wird immer größer und die NEOS sorgen mit "realitätsfremden Forderungen" für Ärger.

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Bei den Ampel-Verhandlungen kracht es gewaltig. Eigentlich sollten die Verhandlungsgruppen bis 9. Dezember ihre Zwischenbilanz vorlegen. Am 12. Dezember tagt dann noch einmal die Steuerungsgruppe mit den Parteichefs Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger, um zu entscheiden, ob die Verhandlungen fortgesetzt werden.

Aber derzeit ist zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS ordentlich Sand im Getriebe - das wurde oe24 von mehreren Verhandlern aller drei Parteien bestätigt. "Die Ampel wackelt", bringt einer der Chefverhandler die angespannte Lage auf den Punkt.

"Eigentlich müssten wir aufstehen ..."

Vor allem in der wichtigen Clustergruppe Wirtschaft und Steuern soll es laut mehreren Teilnehmern gar nicht rund laufen. Der ÖVP (und auch den NEOS) stößt dabei das Auftreten der SPÖ-Verhandler sauer auf. Die SPÖ habe in der Gruppe unter anderem gefordert, dass die Senkung der Körperschaftssteuer für Unternehmen wieder zurückgenommen werden muss. Für "Krisengewinner" wie Banken, Versicherungen und Energiekonzerne soll es eine Übergewinnsteuer geben. Beides ein absolutes No-Go für die ÖVP - und insbesondere deren Wirtschaftsflügel. Irritiert zeigen sich ÖVP und NEOS über das "aggressive Auftreten" von SPÖ-Verhandler Kai-Jan Krainer in der Gruppe. Krainer wolle die Unternehmen "bluten sehen" und zeige sich "null kompromissbereit", heißt es. "Eigentlich müssten wir aufstehen und die Verhandlungen abbrechen", so ein hochrangiger ÖVP-Politiker zu oe24.

SPÖ sieht sich von der ÖVP "getäuscht"

Die SPÖ wiederum sieht sich von der ÖVP "getäuscht", weil das Budgetloch bis zuletzt geheim gehalten wurde. "Da kommen bei jeder Verhandlungsrunde neue Schauerzahlen ans Licht. Pro Jahr fehlen schon weit mehr als 14 Milliarden Euro", meint ein SPÖ-Verhandler zu oe24. Und: "Ohne einnahmenseitige Maßnahmen werden wir das Budget nicht sanieren können. Die ÖVP hat uns das einen Scherbenhaufen hinterlassen." Ohne neue Steuern werde es nicht gehen, so die SPÖ. Haken soll es auch in der Gruppe Inflationsbekämpfung und Wohnen, wo es insbesondere zwischen SPÖ-Vize-Klubchefin Julia Herr und ÖVP-Staatssekretärin Claudia Plakolm auch menschlich nicht passen dürfte – da half auch eine Geburtstagstorte nicht, die Plakolm Herr vergangene Woche überreichte. Herr soll der ÖVP nicht über den Weg trauen und noch immer befürchten, dass die Mehrheit der Schwarzen eigentlich eine Koalition mit der FPÖ präferieren würde.

Aber nicht nur zwischen ÖVP und SPÖ kracht es, auch das Auftreten der NEOS sorgt für Unmut. In vielen Untergruppen - wie bei Medien und Justiz - würden die Pinken völlig überzogene Forderungen aufstellen. "Man merkt, dass bei den NEOS noch nie jemand eine Koalition verhandelt hat, die überspannen den Bogen massiv", ärgert sich ein ÖVP-Verhandler. Und ein SPÖ-Verhandler meint: "Die Forderungen sind teilweise völlig realitätsfremd. Die NEOS wollen staatsnahen Unternehmen wie ÖBB und A1 beispielsweise die Werbebudgets um 50% kürzen."

Einigung derzeit nicht in Sicht

Nach Einigung sieht es derzeit jedenfalls nicht aus. Auch wenn es in einzelnen Gruppen wie Sicherheit, Migration und Integration auch durchaus Fortschritte gibt. Und die Parteichefs Nehammer, Babler und Meinl-Reisinger diese Koalition prinzipiell wollen.

Im Wirtschafts- und Bauernbund und in einigen ÖVP-Bundesländern werden die Stimmen aber bereits lauter, die die Ampel-Regierung in Frage stellen. Sonst drohe der ÖVP bei der anstehenden Gemeinderatswahl in Niederösterreich im Jänner und der Wirtschaftskammerwahl im März ein Desaster. "Da ist es besser, wir lassen die Verhandlungen platzen und gehen in eine Neuwahl, bevor uns die SPÖ über den Tisch zieht", so ein ÖVP-Landespolitiker.

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