Mit dem Fragebogen an die Nationalbank in der BAWAG-Affäre wollte der Ex-Finanzminister die SPÖ nicht eintunken, befand der Staatsanwalt.
Für Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat der umstrittene Prüfauftrag, den er der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht für die BAWAG-Affäre erteilt hatte, kein gerichtliches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Wien hat das seit über einem Jahr anhängige Strafverfahren wegen Amtsmissbrauchs und Verletzung des Amtsgeheimnisses eingestellt.
Anzeige der SPÖ
Auf Basis einer Sachverhaltsdarstellung der
SPÖ hatte die Staatsanwaltschaft gegen Grasser ermittelt. Ausgangspunkt war
der Fragebogen, den der damalige Finanzminister im Mai 2006 zur Beantwortung
an OeNB und FMA schickte, um sich seiner Darstellung zufolge für einen
Auftritt im Parlament entsprechend vorbereiten zu können.
Fragebogen mit "Antworten"
Die SPÖ witterte dagegen
Amtsmissbrauch. Der Fragebogen habe konkrete politische Ziele vorgegeben,
nämlich - wörtliches Zitat - ein "Netzwerk der SPÖ - verantwortlich für den
Schaden BAWAG und ÖGB" herauszuarbeiten. Im Vorfeld des
Nationalratswahlkampfs habe Grasser damit den Versuch unternommen, die
Bankenaufsicht zu manipulieren, so die SPÖ.
Keine Beeinflussung gegeben
Die Staatsanwaltschaft ist jetzt aber
zum Schluss gekommen, dass Grasser keine einseitige und gegen die SPÖ
gerichtete Beantwortung eingefordert hat. Aus den Vernehmungen aller
Beteiligten habe sich übereinstimmend ergeben, dass das Eingangsstatement
nicht darauf gerichtet war, die objektive Beantwortung zu beeinflussen und
auch nicht so verstanden wurde, hieß es aus der Anklagebehörde.
Kein Amtsgeheimnis verraten
Auch der Verdacht, Grasser habe einen
Rechnungshofbericht und Abfragen aus der Großkreditevidenz unberechtigt an
Medien und damit Amtsgeheimnisse weitergeleitet, war nach Ansicht der
Ankläger nicht nachweisbar. Im August 2006 hatten drei FMA-Mitarbeiter
Abfragen in der Großkreditevidenz durchgeführt, um - so die Verdachtslage -
Verbindlichkeiten der SPÖ bei der BAWAG zu recherchieren.
Alle Vorwürfe vom Tisch
Da diese Unterlagen einem größeren
Personenkreis zugänglich waren, konnte nicht festgestellt werden, wer das
Amtsgeheimnis verletzt hat, so die Begründung der Anklagebehörde. Auch in
diesem Punkt wird der Anzeige nicht weiter nachgegangen. Das
Ermittlungsverfahren gegen Grasser in Sachen BAWAG wurde zur Gänze
eingestellt.