Alexander Schallenberg (ÖVP) ist Österreichs neuer Bundeskanzler, Kurz jetzt offiziell ÖVP-Klubchef.
Wien. Der Parlamentsklub der ÖVP hat Montagabend Sebastian Kurz in einer geheimen Abstimmung einstimmig zum Klubchef gewählt. August Wöginger wurde ebenfalls einstimmig zum ersten Klubobmann-Stellvertreter gewählt, teilte die ÖVP in einer Aussendung mit. "Wir werden gemeinsam mit ganzer Kraft für die Menschen in Österreich arbeiten", so Kurz und Wöginger nach der Wahl im ÖVP-Parlamentsklub. Als Abgeordneter angelobt wird Kurz erst am Donnerstag.
Er wird somit weder an der morgigen Sondersitzung, noch an der regulären Sitzung am Mittwoch, in der sein Vertrauter Finanzminister Gernot Blümel seine Budgetrede hält, als Abgeordneter teilnehmen.
Im Vorfeld der Sitzung waren keine kritischen Stimmen gegenüber dem Parteichef, der wegen Korruptionsvorwürfen das Kanzleramt zurückgelegt hatte und nun ins Parlament wechselt, zu hören. Kurz sei in den vergangenen Jahren als Kanzler ein "verlässlicher Partner" für die Wirtschaft gewesen, so Wirtschaftskammer-Generalsekretär und Mandatar Karlheinz Kopf. Jetzt habe Kurz "richtigerweise" einen "Schritt zur Seite" gesetzt, um den "Druck rauszunehmen". Es werde ein "sehr respektables Ergebnis" für ihn als Klubchef geben, sagte Kopf am Beginn der Sitzung und behielt Recht.
Auch Vertreterinnen des ÖVP-Regierungsteams waren zur Sitzung gekommen, darunter Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und der neue Kanzler Alexander Schallenberg.
Schallenberg als Kanzler angelobt
Der frisch angelobte Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hat sich am Montagnachmittag in einer ersten kurzen Ansprache an die Bevölkerung gerichtet. Eine zentrale Botschaft war seine Loyalität zu seinem Vorgänger Sebastian Kurz, der nach den Korruptionsvorwürfen gegen ihn als Klubchef der ÖVP ins Parlament wechselt: Er werde selbstverständlich mit Kurz "sehr eng zusammenarbeiten", betonte Schallenberg. Tadel bekam der Koalitionspartner ab.
Schallenberg nutzte seinen ersten Medienauftritt als Kanzler, um klarzustellen, er werde "selbstverständlich" mit Sebastian Kurz "sehr eng zusammenarbeiten", sei dieser doch Obmann und Klubchef der stärksten Parlamentspartei. "Alles andere wäre demokratiepolitisch absurd", befand Schallenberg. Zudem halte er die im Raum stehenden Vorwürfe für "falsch". Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Kurz und Teile seines engsten Umfelds wegen des Verdachts der Untreue und Bestechung.
Schallenberg: Es brauche "gegenseitigen Respekt"
Den Grünen, die Kurz' Ablöse mit aller Kraft vorangetrieben hatten, richtete Schallenberg aus: Damit die Arbeit in der Regierung gelingen könne, "braucht es vor allem gegenseitigen Respekt und gegenseitiges Vertrauen." Was man in den vergangenen Tagen gesehen habe, "war wahrlich kein Beispiel dafür", meint er. "Diesen Respekt muss man einander stets zollen, nicht nur in einfachen Zeiten, sondern gerade auch in herausfordernden Zeiten."
Als Diplomat fühlt sich Schallenberg gut vorbereitet auf seine Aufgabe. Er werde mit Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) "alles daran setzen, die Gräben zuzuschütten", reichte der neue Kanzler dem Koalitionspartner aber doch noch die Hand.
"Hinter uns allen liegen schwierige und turbulente Tage", hatte Schallenberg seine knapp fünfminütige Erklärung im Kanzleramt eingeleitet, Tage, die "politisch und menschlich herausfordernd" gewesen seien. Es sei eine "Ehre", als Kanzler angelobt worden zu sein - eine, "die ich mir nie erwartet hätte, und die ich mir auch nie gewünscht habe", sagte der bisherige Außenminister. Er habe "großen Respekt" vor dem Amt - die Verantwortung nicht zu übernehmen, sei aber auch keine Option gewesen, als er von Kurz gefragt worden sei.
"Verantwortung und Stabilität"
"Was es jetzt braucht, das ist Verantwortung und Stabilität", die man "gemeinsam" als Bundesregierung, als Koalition, als Ministerinnen und Minister und als Parlamentsfraktionen gewährleisten müsse, erklärte Schallenberg. Statt zu streiten, solle man arbeiten. Man werde das Management der Pandemiebekämpfung fortsetzen, den wirtschaftlichen Aufschwung weitertreiben sowie in den kommenden Tagen Budget und Steuerreform im Parlament behandeln.
Fragen von Journalisten waren bei dem Auftritt nicht zugelassen.
FPÖ-Obmann Herbert Kickl zeigte sich angesichts der Aussagen Schallenbergs "noch ein wenig fassungslos". Der neue Regierungschef habe nichts anderes in seinem ersten Statement zu tun gehabt, als Kurz zu verteidigen. "Er führt damit den Feldzug der türkisen Volkspartei gegen die Justiz in diesem Land fort", befand der Freiheitliche in einer Pressekonferenz. "Das hat es überhaupt noch nie gegeben. Das ist ein unglaublicher Sündenfall in der ersten Erklärung des Kanzlers." Das türkise System sei durch die Personalrochade geblieben.
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