ÖSTERREICH

Anonymous hackte 10.295 Politiker-Emails

31.03.2012

Die Hacker-Gruppe will nun mit der Veröffentlichung beginnen.

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Aufregung um die Vorratsdaten-Speicherung: Ab heute werden wir noch mehr zum gläsernen Menschen. Seit Mitternacht können Behörden sechs Monate im Nachhinein auf alle Daten der elektronischen Kommunikation (Handy, Mail, Internet) zugreifen – Provider müssen alles speichern. Wer wann wo mit wem Kontakt hatte, ist für Ermittler abrufbar – das soll der Terrorbekämpfung dienen.

Datenschützer – allen voran Anonymous – steigen auf die Barrikaden. Gestern gab es in Wien eine Demo – einen Trauermarsch gegen das Ende der Privatsphäre.

Doch eine Hackergruppe geht viel weiter. Sie hackten Politiker-Accounts, wollen nun (seit Mitternacht) die erbeuteten E-Mails Schritt für Schritt veröffentlichen. Wenn alles kein Aprilscherz ist. Im ÖSTERREICH-Interview – geführt über sichere Datenleitungen – outen Aktivisten Details der Aktion:

  • Sie haben „genau 10.295 E-Mails“, die sie teils über „Hacks, teils von Sympathisanten“ erhalten hätten.
  • Betroffen sind Politiker von SP, VP, FP, BZÖ und FPK.
  •  Angeblich handelt es sich um „private, aber auch brisante Inhalte“. Gegen FPÖ-Politiker müssten angeblich gar Ermittlungen wegen mutmaßlicher Wiederbetätigung stattfinden.
  • SPÖ und ÖVP würden eine „Menge Indizien für Skandale“ liefern.

Dass die Hacker damit den Datenschutz verletzen, den sie schützen wollen, weisen sie von sich. Man habe „keine zufälligen Menschen“ ausgesucht.

Anonymous kündigt bereits weitere Aktionen an
Internationale „Kollegen“ von Anonymous Austria hatten bereits Politiker in Bedrängnis gebracht. Zuletzt wurden E-Mails vom syrischen Diktatorenpaar Bashar und Asma al-Assad veröffentlicht. Und: Anonymous kündigen weitere Aktionen gegen Überwachungen an. Der Verfassungsschutz sucht die Gruppe derzeit vergebens ...

 

Interview: "Steuerhinterziehung, Korruption und noch Schlimmeres"

Im Interview mit ÖSTERREICH (Sonntag-Ausgabe) legt die Hacker-Gruppe Anonymous ihre Pläne offen. Aus Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung hackten die Aktivisten Politiker-Accounts und wollen nun die erbeuteten E-Mails Schritt für Schritt veröffentlichen.

ÖSTERREICH: Ihr wollt - aus Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung - Mails von Politikern outen. Wozu?
Anonymous: Wir haben die Operation Pitdog gestartet, um zu zeigen, wie es sich anfühlt, überwacht zu werden. Die eigentliche Aufgabe - Bloßstellen der IT-Sicherheit - wurde auch erfüllt.

Von welchen Politikern habt ihr Mails?
Wir sind an E-Mails und andere Materialien von allen größeren Parteien gelangt. Es ist eine breite Palette von Politikern betroffen.

Ihr behauptet, diese E-Mails würden die Republik "erschüttern".
Es gibt speziell im Bereich der ÖVP und SPÖ eine Menge Indizien für Skandale. Auch die FPÖ liefert im internen Nachrichtenverkehr genug Stoff, um deren sehr rechte Ausrichtung zu unterstreichen und hier werden die Behörden wohl auch wieder Ermittlungen im Bereich der Wiederbetätigung und Verhetzung aufzunehmen haben.

Andere Parteien sind nicht betroffen?
Beim BZÖ sind wir auch fündig geworden. Deren Mails sind aber bei Weitem nicht so interessant. Zu guter Letzt stießen wir auf einiges an Unverständnis bei der Parteikommunikation der FPK. Da hatten wir einiges zu lachen.

Ihr hattet einigen Politikern zur "Selbstanzeige" geraten. Weshalb?
Das  wissen die einzelnen Politiker genau. Es geht dabei um verschiedene Delikte: angefangen von Steuerhinterziehung über Korruption bis hin zu noch schlimmeren Tatbeständen. Hier nehmen wir die E-Mails als Beweise und hoffen, dass es unsere Justiz, welche jedoch offensichtlich auf Anweisung von Parteien handelt, auch so sieht.

Ich kann die Inhalte der E-Mails derzeit natürlich noch nicht bewerten. Wie viele E-Mails habt Ihr denn konkret?

Es handelt sich um genau 10.295 E-Mails, hauptsächlich parteiinterne Kommunikation, aber auch private Nachrichten mit brisantem Inhalt. Diese könnten zu einigen Konflikten in der politischen Landschaft führen.

Die FPÖ hatte auffallend nervös auf Eure Ankündigung reagiert. Versteht Ihr diese Angst?
Anhand der Materialien, die uns vorliegen, können wir die Angst natürlich nachvollziehen. Es sind viele private Gespräche dabei, aber eben auch brisante Informationen über diverse Deals, die wohl nie für die Öffentlichkeit bestimmt waren.

Ihr habt auch angedeutet, dass der Verfassungsschutz Journalisten abgehört habe. Habt Ihr Beweise dafür?

Ja, 17. Hier hat uns ein Maulwurf im System des Verfassungsschutzes einige Dokumente zugespielt, die die Ermittlungen klar aufzeigen. Und die auch Beweise für sehr schlampiges Arbeiten sind. Teilweise wurde wahllos ermittelt, ob Journalisten in den Bereichen, in denen sie recherchieren, auch privat zu tun haben. So kam es zu den außergewöhnlichsten Verdächtigungen. Konkrete Beispiele möchten wir noch keine nennen.

Bekämpft Ihr mit der E-Mail-Veröffentlichung nicht eigentlich Feuer mit Feuer?
Der Vorwurf wäre berechtigt, wenn wir von zufällig ausgewählten Menschen Daten veröffentlichen würden. Das tun wir nicht. Aber jeder Bürger soll sehen, wie desolat die heimische Politik ist.
 

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