Nach der Aufregung in Deutschland um die Veröffentlichung der "RKI-Files" sprach Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober in der ZiB2 bei Armin Wolf über seine Regierungszeit rund um den Ausbruch der Corona-Pandemie.
Das deutsche Robert Koch-Institut hat die Veröffentlichung ungeschwärzter Protokolle des RKI-Krisenstabs zur Corona-Pandemie kritisiert. "Soweit in diesen Datensätzen personenbezogene Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter rechtswidrig veröffentlicht und insbesondere Rechte Dritter verletzt werden, missbilligt das RKI dies ausdrücklich", teilte das Institut mit. Das RKI habe die Datensätze weder geprüft noch verifiziert, hieß es. Auch in Österreich gab es immer wieder Aufregung um Aussagen einiger Politiker - vor allem zu Beginn der Lockdowns. Anlässlich dazu nahm Rudolf Anschober in der ZiB2 dazu Stellung, wie die damalige Zeit aus seiner Sicht in Österreich zugetragen hatte.
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Auf die Frage, ob die Regierung damals die Bevölkerung wissentlich in die Irre geführt hatte, antwortete Anschober verhalten: "Ich war in der Phase nicht mehr dabei. Ich kann nur beurteilen, was in meiner Zeit geschehen ist. Wir sind davon ausgegangen, dass die Impfung wirkt." Dabei unterstrich er auch, dass "das Robert-Koch-Institut das auch bestätigt" hatte. Vor allem der Begriff der "Pandemie der Ungeimpften" sorgt derzeit wieder für Aufregung. Hier gesteht Anschober Fehler aus seiner Amtszeit ein: "Diese Begrifflichkeit war ein Fehler aus meiner Sicht." Er geht aber davon aus, dass die Personen, die den Begriff verwendet hatten "eine gute Absicht" dabei hatten.
"Begrifflichkeit gehört eindeutig zu den Fehlern"
"Es hat eine Sicherheit für Geimpfte geschaffen. Es hat in den ersten Monaten der Pandemie Stärken gegeben, Sachen, die richtig gemacht wurden, aber auch Fehler. Und diese Begrifflichkeit gehört eindeutig zu den Fehlern", räumt der mittlerweile 63-Jährige ein.
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Nach seiner Amtszeit, als Wolfgang Mückstein das Amt übernahm, gab es noch einen Lockdown für Ungeimpfte, der für enorm viel Wirbel gesorgt hatte. Anschober wollte sich dazu allerdings nicht wirklich äußern, weil er nun mal nicht mehr im Amt war, fügt aber an, dass er sich "eine generelle Aufklärung dieser Zeit" wünsche. "Damit wir beim nächsten Mal besser aufgestellt sind. Denn eine Pandemie kann kommen, eine neue Pandemie ist gar nicht so unwahrscheinlich und da sollten wir aus dem lernen, was wir richtig gemacht haben und falsch gemacht haben."
Das würde Anschober heute anders machen
15 Monate bekleidete Anschober das Amt des Gesundheitsministers. Eine Maßnahme würde er aus heutiger Sicht definitiv anders machen: "Wir hätten europaweit gemeinsam handeln müssen, denn es war eine internationale Pandemie", und er legt nach, dass es eine "Aufarbeitung europaweit" braucht.
Den unvergesslichen Satz, dass bald jeder jemanden kennen wird, der an Corona erkrankt oder verstorben ist, würde Anschober heute nicht mehr so wiederholen. "Wir haben in der Bundesregierung viel über diesen Punkt diskutiert, wie man kommuniziert. Auch da hat es keine Erfahrungen gegeben", erklärt er die damals geschürte Angst und führt weiter aus: "Ich war ein Vertreter dessen, dass man motiviert und Hoffnung definiert. Da waren wir unterschiedlicher Meinung. Das war bei den vielen Pressekonferenzen spürbar. Wir werden beim nächsten Mal auch daraus gelernt haben. Es muss aber weniger mit Angst gearbeitet werden."
"Dafür trägt die Politik die Verantwortung"
Angesprochen auf die unzähligen - teils fragwürdigen - Verbote aus dieser Zeit, hält Anschober an den damaligen Entscheidungen weiterhin fest und beruft sich auf damalige Expertisen. Auch wenn er Fehler eingesteht, schiebt er die Verantwortung an zukünftige Verantwortliche ab, damit es in ähnlichen Fällen nicht erneut zu solchen Entscheidungen kommt. Dennoch hält der Ex-Minister unter dem Strich fest: "Die Endentscheidung ist immer eine Frage der Politik, denn dafür trägt die Politik die Verantwortung."
Dass es zu mehreren höchstgerichtlichen Aufhebungen mancher Maßnahmen kam, erklärt Anschober wiederum damit, dass es ein Lernprozess war. Ein weiterer kritischer Punkt zu Zeiten der Pandemie war die sogenannte Impfpflicht, zu der Zeit war allerdings Anschober bereits zurückgetreten. Dabei hebt er hervor, dass man in Österreich zu Beginn eine hohe Impfquote hatte. Zum Abschluss des Gesprächs wurde es noch einmal interessant. Wolf wollte wissen, ob die Regierung zu der Zeit stets nach "bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat".
"Da müssen Sie den Kanzler fragen"
Anschobers Antwort: "Ja das kann ich für mich in Anspruch nehmen, dass ich das gemacht habe." Wolf hakt nach und will wissen, ob er das auch für den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz sagen würde. Gekonnt weicht Anschober der Antwort aus: "Da müssen Sie den Kanzler fragen", lässt sich dann aber doch zu einer Aussage hinreißen: "Wir haben viel diskutiert und wir waren nicht immer einer Meinung."