"Totes Recht"
Antikorruptionsgesetz sorgt für Wirbel
22.06.2009
Die Staatsanwälte üben heftige Kritik an der Neuregelung. Durch die Änderungen würde das bisher verbotene "Anfüttern" zu "totem Recht".
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (KStA) kritisiert den Entwurf von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V) für eine Novelle des Antikorruptionsgesetzes. Damit werde das bisher verbotene "Anfüttern" zu "totem Recht", meinen sowohl KStA als auch die Oberstaatsanwaltschaft Linz. Gefordert wird von der KStA unter anderem die Einführung einer Kronzeugenregelung, um eine höhere Aufklärungsquote zu erzielen. Schelte gab es dafür, dass die Nationalratsabgeordneten von den Bestimmungen weiterhin nicht erfasst sind und dass die Erläuterungen zum Gesetz die generelle Straffreiheit von Einladungen zu Events im Rahmen von Sponsoring nahe legen.
Kritik
Zwar begrüßen KStA und Oberstaatsanwaltschaft Linz, dass
der Begriff des "Amtsträgers" (also etwa Beamte) genauer definiert wird. Die
KStA kritisiert aber die "gleichzeitig beträchtliche Einschränkung des
betroffenen Personenkreises". Dies bedeute eine deutliche Einschränkung der
Strafbarkeit in diesem Bereich - weite Bereiche würden damit aus der
Korruptionsbekämpfung in Zukunft auszunehmen sein, in der Stellungnahme ist
sogar von "totem Recht" die Rede. Auch die Oberstaatsanwaltschaft Linz nimmt
an, dass durch die neue Formulierung der Tatbestand des "Anfütterns" zu
"totem Recht" wird.
Strengere Regeln
Laut Entwurf sollen Mitarbeiter staatsnaher
Betriebe wie ÖBB, Telekom, AUA, ORF oder auch der Sozialpartner von den
strengeren Regeln betreffend Geschenkannahme und "Anfüttern" nicht betroffen
sein.
Kritisch sieht die Korruptionsstaatsanwaltschaft auch, dass die Präzisierung des Amtsträger-Begriffes dazu führe, dass es für "funktional gleichartige Personengruppen" zu unterschiedlich strafrechtlichen Folgen "bei identischen Verhaltensweisen" kommen könne. Als Beispiel nennt die KStA Ärzte in öffentlichen Spitälern. Wenn Ärzte in öffentlichen, aber ausgegliederten Spitälern, von Amtsträgerbegriff nicht mehr erfasst sein sollten, entstünde eine "unvertretbare Strafbarkeitslücke", kritisieren die Korruptionsstaatsanwälte.
Extrawurst für Abgeordnete
Scharfe Kritik gab es von der
KStA auch dafür, dass die Abgeordneten des Nationalrates weiterhin nicht von
den Antikorruptionsbestimmungen betroffen sein sollen. Das "Anfüttern" und
die Bestechung von Abgeordneten anderer Staaten oder des EU-Parlaments
würden demgegenüber sehr wohl unter Strafe stehen.