Umfrage
Apotheken entscheiden schon jetzt über Medikamente
03.07.2008
Bereits jetzt verlassen sich 57 Prozent der Patienten auf ein von der Apotheke empfohlenes, nicht vom Arzt verschriebenes, Medikament.
Die Ärztekammer zeigt sich "alarmiert" über die Umfrage, die besagt, dass sich bereits jetzt 57 Prozent der Patienten auf ein "Aut-idem"-Produkt verlassen. Der Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, Johannes Steinhart, bezeichnete es als problematisch, wenn mehr als die Hälfte der Patienten mit Privatrezept ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt ein anderes als vom Arzt verordnetes Medikament bekämen.
Gegen eigenmächtige Apotheken-Entscheidungen
Es dürfe "keine
eigenmächtigen Entscheidungen in den Apotheken" geben. Die Ergebnisse von
"Schuetz Marketing Services" unter 99 Apotheken zeige, wie heikel eine
allfällige Aut-idem-Regelung sei, wenn schon jetzt ohne gesetzliche
Grundlage die Verschreibung des Arztes in den Apotheken konterkariert werde.
Steinhart: "Unsere Patienten verlassen sich darauf, dass die Therapiehoheit
beim Arzt liegt. Eigenmächtige Entscheidungen seitens des Apothekers
gefährden nur das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient und damit
auch den Therapieerfolg."
Anderes Medikament als vom Arzt verordnet
Bei der Umfrage ist zu
berücksichtigen, dass die von einem Arzt auf einem "ordentlich ausgefüllten
Privatrezept" angeführten Medikamente in der Apotheke nicht vorrätig waren.
Hier erhielten die Testkäufer in 35 Apotheken ein anderes Medikament aus der
selben Wirkstoffgruppe ausgehändigt. Nachdem die Testkäufer in den
restlichen 64 Apotheken die Nachbestellung des am Rezept verordneten
Medikamentes aus Zeitgründen abgelehnt hatten, erhielten weitere 22
Testkäufer ein anderes Medikament aus der gleichen Wirkstoffgruppe. In Summe
erhielten damit von den 99 besuchten Apotheken 57 Testkäufer ein anderes als
vom Arzt verordnetes Medikament.
Geht Streik deswegen nächste Woche weiter?
Die Ärzte haben
ja aus Protest gegen die geplante Gesundheitsreform, in der die umstrittene
Aut-idem-Regelung enthalten ist, bereits zwei Mal gestreikt. Sollte es zu
keiner Einigung mit der Koalition kommen, haben die Mediziner drei weitere
Ordinationsschließungs-Tage von Montag bis Mittwoch nächster Woche samt
einer Großdemonstration in Wien am Montag angedroht. Hauptkritikpunkt der
Ärztekammer ist die Möglichkeit, Kassenverträge nach fünf Jahren zu
kündigen, wenn bestimmte (Qualitäts-)Kriterien nicht erfüllt werden. Auch
die Möglichkeit zu Einzelverträgen, wenn kein Gesamtvertrag besteht, regt
die Standesvertreter auf. Die Aut-idem-Regelung (Arzt verschreibt Wirkstoff,
Apotheke sucht Medikament aus) wird ebenfalls abgelehnt.