Neue Maßnahmen
Arbeitnehmer erwarten neue Steuern
27.01.2012
Der Wiener AK-Direktor erwartet, dass vor allem Vermögende zur Kasse gebeten werden.
Die Arbeitnehmer-Vertreter sind zuversichtlich, dass ein Teil des Sparpakets über steuerliche Maßnahmen erfolgen wird. Der Wiener AK-Direktor Werner Muhm ging bei einem Hintergrundgespräch Donnerstagabend davon aus, dass es zu Einschränkungen bei der Gruppensteuer sowie zu einer Umwidmungsabgabe kommen wird, wobei letztere erst beim Verkauf von zu Bauland gewordenen Grundstücken wirksam würde. Zusätzlich erwartet Muhm, der als einer der engsten Berater von Kanzler Werner Faymann (S) gilt, dass besonders Vermögende zur Kasse gebeten werden.
Spitzensteuersatz
Bevorzugen würde Muhm dabei, wenn es zu einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes für Bezieher sehr hoher Einkommen von 50 auf 55 Prozent kommen würde. Dass damit die Kapitalertragssteuer automatisch von 25 auf 27,5 Prozent steigen würde, verneinte der AK-Direktor. Es würde dann lediglich die gesetzliche Möglichkeit dazu bestehen, er würde das aber nicht befürworten. Alternativ zum höheren Spitzensteuersatz könnte Muhm auch mit einer höheren Besteuerung des 13. und 14. Gehalts leben, sofern dies nur auf sehr hohe Bezüge abstelle. Die Zahl der von solch einer Vermögenssteuer Betroffenen schätzte der AK-Direktor auf etwa 12.000.
Steuerhinterzieher
Viel Geld zu holen wäre aus seiner Sicht über die Verfolgung von Steuerhinterziehern. Anhängen könnte man sich da an das zwischen der Schweiz und Deutschland grundsätzlich vereinbarte Abkommen, mit dem unter anderem "alte" in der Schweiz liegende Schwarzgelder deutscher Staatsbürger anonym abgegolten werden sollen. Muhm verwies in dem Zusammenhang darauf, dass laut Schätzungen in der Schweiz und Liechtenstein zwischen 14 und 17 Milliarden von Österreichern gebunkert sind.
Nein sagen die Arbeitnehmer-Organisationen zu einer Erhöhung der Mehrwertsteuer, selbst wenn dies nur Luxusgüter beträfe - ein Vorschlag von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Dies wäre schon EU-rechtlich nicht möglich, da neben dem allgemeinen Satz (von derzeit 20 Prozent) nur zwei ermäßigte, aber keine erhöhten Sätze möglich seien. Und dass man etwa bei Theaterkarten oder Büchern den begünstigten Satz streiche, zahle sich nicht aus, meinte Muhm.
Pensionssystem
Auf Linie bleiben die Arbeitnehmer, was die Abwehrhaltung zu weitreichenden Einschnitten im Pensionssystem angeht. Weder ist für den Leitenden ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz eine frühere Angleichung des Frauenpensionsalters denkbar noch höhere Abschläge. Gesetzt wird einerseites auf eine Angleichung der Beiträge von Selbstständigen ans ASVG und andererseits auf das zwischen den Sozialpartnern vereinbarte Papier von Bad Ischl, das unter anderem die Invaliditätspensionen durch verpflichtende Rehabilitation zurückdrängen will. Das bringt fürs erste finanziell freilich nichts. Im Gegenteil rechnet Achitz in den ersten beiden Jahren sogar mit Zusatzaufwendungen für die Reha-Maßnahmen, erst dann werde man sich viel Geld ersparen.
In Schwebe ist unverändert eine raschere Harmonisierung der Pensionssysteme. Probleme bereitet bei einer Verkürzung der Übergangsfristen, dass jedes Berechnungsmodell Verlierer und Gewinner brächte. Per se würde diese Umstellung ohnehin keine Einsparungen bringen, meinte Achitz. Allerdings erwartet der ÖGB, dass durch das dann transparentere Pensionskonto Menschen automatisch dazu motiviert würden, länger im Erwerbsleben zu bleiben, da die finanziellen Vorteile davon klarer ersichtlich würden. Sollte man sich auf ein gangbares Modell einigen, könnte es mit der Umstellung auch sehr rasch gehen, meint der Sozialexperte der Gewerkschaft.
Überstunden
Für besonders viel Ärger bei den Arbeitgebern sorgt auch der Wunsch der Arbeitnehmer-Vertreter, für jede Überstunde einen Euro der Unternehmer zu verlangen, der jeweils zur Hälfte an Arbeitslosen- und Krankenversicherung fließen sollte. Angesichts von 350 Millionen Überstunden pro Jahr ist dieses Verlangen für Achitz aber gut argumentierbar, umso mehr als diese Arbeitsplätze kosteten und die Gesundheit der Arbeitnehmer beeinträchtigten. Ebenfalls Kurs hält die Gewerkschaft, was die Forderung anlangt, dass der Arbeitgeber die erste Arbeitslosen-Woche eines gekündigten Mitarbeiters finanziert. Immerhin gebe es 70.000-80.000 Fälle pro Jahr (außerhalb der Saison-Branchen), wo Arbeitnehmer von ihrem Dienstgeber nur für wenige Wochen (quasi als Auszeit) in die Arbeitslose geschickt werden, wenn es gerade produktionstechnisch passe.
Schließlich wollen die Arbeitnehmer-Vertreter noch, dass der Entfall des Arbeitslosenversicherungsbeitrags für Ältere fällt, da er null Beschäftigungseffekt gebracht habe. Und bei Nacht/Schwerarbeit müssten die Dienstgeber wieder die Beiträge so gestalten, dass - wie gesetzlich eigentlich ohnehin vorgesehen - ein Deckungsgrad von 75 Prozent erreicht wird.
Für unverfroren halten AK und ÖGB ihre Forderungen nicht. Denn weder plane man eine Unternehmensvertreibungsprogramm noch seien die Forderungen in der Landwirtschaft (Abschaffung der steuerlichen Pauschalierung etc.) so gestaltet, dass die Bauern wie zu Kreiskys Zeiten mit ihren Traktoren vor dem Bundeskanzleramt auffahren müssten, meinte Muhm. Und dass man bei acht Milliarden an Familienförderung nur seitens des Bundes mit einer künftig stärkeren Konzentration auf Sachleistungen etwas einsparen könnte, erscheint dem AK-Experten ebenfalls logisch. Überhaupt sollten die anderen einmal etwas vorlegen, die Ansagen von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, überall fünf Prozent zu sparen, würden ja offenbar nicht mal in seiner eigenen Partei ernst genommen.