Fekter-Forderung
Asyl-Idee stößt auf heftigen Widerstand
11.01.2010
Experten bezeichnen Fekters Vorschlag der "Anwesenheitspflicht" für Asylwerber als verfassungswidrig.
Der Vorschlag von ÖVP-Innenministerin Maria Fekter, Asylwerber im Abklärungsverfahren einer "Anwesenheitspflicht" im Erstaufnahmezentrum zu unterwerfen, wird von Experten einhellig als verfassungswidrig bezeichnet.
Die Internierung wäre ein Eingriff in die Persönliche Freiheit, die sowohl vom Bundesverfassungsgesetz als auch durch die Menschenrechtskonvention abgesichert ist, erklärte Verfassungsexperte Bernd Christian Funk.
Der Asylanwalt Wilfried Embacher hält den Vorschlag ebenfalls für "rechtlich unzulässig". Auch bei Caritas und Amnesty International stößt die Idee auf heftigen Widerstand.
"Individuelle Haftgründe notwendig"
Es handle
sich dabei um "Haft", egal, wie man es nenne, betonte Embacher.
Für eine Inhaftierung seien aber immer individuelle Gründe notwendig, dies
hätten der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und der Verfassungsgerichtshof
(VfGH) schon in mehreren Urteilen festgestellt. Man könne Menschen nur dann
in Haft nehmen, wenn sie etwas angestellt hätten, alles andere widerspreche
der Verfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention, erklärte auch
Amnesty-Generaldirektor Heinz Patzelt.
Die Angst der Bevölkerung
Derzeit sei eine Inhaftierung
von Asylwerbern nur zulässig, um eine Abschiebung sicherzustellen, so
Embacher. Dass Fekter mit ihrer Idee unter anderem mit den Sorgen der
Bevölkerung argumentierte, stößt bei dem Asylanwalt auf Unverständnis: "Die
Angst der Bevölkerung ist kein Haftgrund."
"Das existiert nicht"
Außerdem gibt es laut Patzelt
zwischen persönlicher Bewegungsfreiheit einerseits und Haft auf der anderen
Seite keinerlei Grauzone. "Anwesenheitspflicht? Das existiert nicht.
Entweder man muss bekennen, dass man Menschen einsperrt oder damit leben,
dass sie persönliche Freiheit genießen", sagte Patzelt.
Derartiges würde "nicht halten"
Trotz der
rechtlichen Bedenken glaubt Embacher, dass die Regierung eine entsprechende
Regelung auf die Beine stellen wird: "Ich traue dieser Regierung und
diesem Parlament jedes Gesetz zu." Vor dem VfGH allerdings, ist der
Asylanwalt überzeugt, werde derartiges "nicht halten".
Selbst eine Änderung des Bundesverfassungsgesetzes würde laut Funk nicht ausreichen, da dann noch die Menschenrechtskonvention greift.
Alle Hilfesuchenden einsperren?
Auch bei der Caritas der
Erzdiözese Wien ist man entsetzt. "Will die Innenministerin mit
der Anwesenheitspflicht allen Ernstes alle Hilfesuchenden einsperren?",
fragte Direktor Michael Landau in einer Aussendung.
Verfassungsrechtler Theo Öhlinger stellte ebenfalls fest, dass eine Internierung "so pauschalisiert" der Verfassung widersprechen würde: "So ist das ganz sicher weder mit der Bundesverfassung noch mit der Menschenrechtskonvention vereinbar."
Auch Verfassungsjurist Heinz Mayer meinte gegenüber mehreren Medien, dass Fekters Vorschlag verfassungswidrig sei. "Man kann nicht generell Leute, die um Asyl ansuchen, einsperren, um dann vielleicht einige von ihnen abschieben zu können."