Minister: Martinek-Kaserne könne bis zu 900 Menschen aufnehmen.
Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) hat mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) noch nicht über deren Forderung nach einem Assistenz-Einsatz des Bundesheers aufgrund des steigenden Flüchtlingsstroms gesprochen. "Die Pläne kenne ich noch nicht", sagte er am Rande der SPÖ-Klubtagung am Montag. Klug bot jedoch abermals die Martinek-Kaserne in Baden zur Unterbringung der Asylwerber an.
"Ein konkretes Gespräch mit dem Innenministerium steht noch aus", wartet Klug noch auf die Kontaktaufnahme durch Mikl-Leitner, was einen eventuellen Assistenzeinsatz des Heeres betrifft. Wenn das Innenministerium eine Notlösung angesichts des Flüchtlingsstroms suche, biete sich aber weiterhin die Martinek-Kaserne als "menschenwürdige Lösung" an. Diese stehe leer, sei in einem guten Zustand und könne bis zu 900 Menschen aufnehmen.
Nein aus Baden
Badens Bürgermeister Kurt Staska (ÖVP) reagierte auf den Vorschlag Klugs mit einem deutlichen Nein. Es müsse eine gerechte Verteilung der Asylwerber über alle Bundesländer geben. Ein zweites Massenquartier in fünf Kilometern Entfernung zu Traiskirchen sei "undenkbar".
Innenministerium skeptisch
Das Innenministerium reagierte skeptisch auf das Angebot. Das Büro von Ministerin Mikl-Leitner verwies auf rechtliche Probleme und beharrte auf ihrem Vorschlag, das Bundesheer um einen Assistenzeinsatz zu ersuchen.
Das Innenministerium erinnerte daran, dass bereits vor einigen Wochen sowohl der Linzer Bürgermeister als auch das Land Oberösterreich eine Nutzung der Hiller-Kaserne in Linz-Ebelsberg aus rechtlichen Gründen abgelehnt haben, weil dafür die Flächenwidmung geändert hätte werden müssen. Das gelte selbstverständlich nicht nur für die Linzer Kaserne, sondern auch für alle anderen und damit auch für die Martinek-Kaserne. Daher sieht sich das Innenministerium gezwungen um einen Assistenzeinsatz zu ersuchen, da nur mit der Übertragung der Aufgabe an das Bundesheer die Flächenwidmung umgangen und Rechtssicherheit für alle Beteiligten hergestellt werden könne.
Einfacher als mit der Unterbringung in Kasernen wäre es nach Ansicht Mikl-Leitners aber, wenn die Bundesländer die Quartiere, die ihnen von privater Seite angeboten werden, nutzen würden. "Dieser Wunsch scheint aber utopisch zu sein", zeigte sich die Innenministerin skeptisch.
Die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun bezeichnete unterdessen eine Unterbringung in Kasernen als "Ultima Ratio". Mit vereinten Kräften müssten auch andere Varianten möglich sein. Konkret stellt sich Korun etwa die Nutzung leer stehender Pensionen, ehemaliger Hotels oder Jugendherbergen vor. "Diese können für eine rasche Übergangsunterbringung adaptiert werden und wären keine Massenquartiere, wie Kasernen es höchstwahrscheinlich wären."
Strache: Mikl-Leitner gescheitert
Für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist Mikl-Leitner am Problem der Unterbringung von Flüchtlingen gescheitert. Ihre Vorgehensweise, Asylwerber ohne Absprache mit Bürgermeistern unterzubringen, sei nicht akzeptabel. Und die Idee, Kasernen heranzuziehen, wirke sich nachteilig auf deren Verkauf und somit negativ auf das Heer aus, meinte Strache in einer Aussendung.
Mit dieser Asylpolitik bekämpfe Mikl-Leitner nur Symptome und nicht die Ursachen, erklärte der FPÖ-Obmann. Er bekräftigte die Forderung nach sofortiger Einführung von Grenzkontrollen sowie nach konsequenter Umsetzung der Dublin-Verordnung, wonach der erste Mitgliedstaat, den ein Asylwerber betrete, für dessen Überprüfung zuständig sei.
Traiskirchen plant Prostest in Wien
In der Asyl-Diskussion wird der Ton auch zunehmend rauer. Andreas Babler (SPÖ), Bürgermeister von Traiskirchen, teilte am Montag in einer Aussendung mit, dass es die Bevölkerung "satt" habe, unter der "politischen Unfähigkeit des Innenministeriums" leiden zu müssen. Er kündigte auf Anfrage an, dass die Stadt einen Protest in der Wiener Herrengasse plane. Die Vorbereitungen seien angelaufen. Mikl-Leitner habe die Zustände in Traiskirchen "direkt zu verantworten", kritisierte Babler.
Zwei Länder unter 88-Prozent-Quote
Österreich fehlen Unterkünfte für Asylwerber - dabei erfüllen mehr Bundesländer als zuletzt ihre Quote. Mit Stand vom Montag schafften nur Tirol (85,76 Prozent) und Kärnten (86,60 Prozent) nicht ganz die politisch vereinbarte Quote von 88 Prozent.
Stark steigend ist nach wie vor der Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien. Waren zu Beginn des heurigen Jahres noch rund 300 Personen aus dem von Krieg gezeichneten Land nach Österreich gekommen, so ist deren Zahl im August schon auf 714 angestiegen und im September wird mit mehr als 1.100 gerechnet. Vergleichsweise moderat ist der Flüchtlingsstrom hingegen aus den anderen Kriegsgebieten. Aus dem Irak sind im August 88 Personen nach Österreich gekommen, im September wird mit weiteren rund 120 gerechnet. Aus der Ukraine sind im August 80 Menschen gekommen, im September sollen es rund 70 werden.
Insgesamt rechnet das Innenministerium für heuer mit mehr als 26.600 Asylanträgen, das wäre eine Steigerung von 52 Prozent gegenüber 2013.
Grafik: APA