Ultimatum abgelaufen
Asyl-Krach: Stopp für Traiskirchen
29.07.2014
Ab Mittwoch früh ist das Lager in Traiskirchen gesperrt.
Am Dienstag herrschte im Innenministerium Alarmstimmung. Nachdem der niederösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll einen Aufnahmestopp für das völlig überbelegte Flüchtlingslager in Traiskirchen erlassen hatte, berief seine Parteifreundin, Innenministerin Johann Mikl-Leitner , eilig einen Krisengipfel ein. „Ich habe die Experten in meinem Haus beauftragt, einen Notfallplan zu entwickeln und Notquartiere zu schaffen“, sagte sie im Anschluss zu ÖSTERREICH.
Treffen Mikl-Klug zu
Kaserne Ebelsberg in OÖ
Mikl-Leitner wollte dafür neben Privatquartieren und Immobilien auch Kasernen
nützen, konkret die Kaserne Ebelsberg in Oberösterreich. Dazu wollte sie sich in den Abendstunden mit SPÖ-Verteidigungsminister Gerald Klug treffen. Dieser hatte zunächst vorgeschlagen, das Innenressort solle Kasernen kaufen, was Mikl-Leitner ablehnte. Auch Pröll wies den Vorschlag entrüstet zurück. Vor dem Treffen standen die Zeichen auf Sturm: Der Linzer Stadtchef Klaus Luger (SPÖ) protestierte scharf. Seine Stadt erfülle seit Jahren die Asylquote.
Mikl hält an Ultimatum an die Länder weiter fest
Auf Prölls Aufforderung, Werner Faymann sei in der Flüchtlingsfrage gefordert, sagt dieser: „Der Regierungschef ist immer gefordert.“ Die Länder müssten aber ihre Pflichten erfüllen und die vereinbarte Zahl an Flüchtlingen aufnehmen, auch Niederösterreich. Mikl-Leitner hält an ihrem Ultimatum fest, dass die Länder bis Freitag die Quoten erfüllen müssen.
D. Knob
Erwin Proll spricht zur ÖSTERREICH
ÖSTERREICH: Das Ultimatum in Sachen Traiskirchen ist abgelaufen. Was soll jetzt passieren?
Erwin Pröll: Ab Mittwochfrüh tritt der Aufnahmestopp in Rechtskraft und im Asyllager Traiskirchen wird niemand mehr aufgenommen. Bei einer aktuellen Belegszahl von über 1.400 Asylanten muss ich handeln. Der Aufnahmestopp ist eine Notwehraktion, die ich aus menschlichen und sicherheitstechnischen Überlegungen durchführen muss. Derzeit ist Traiskirchen dreifach überbelegt.
ÖSTERREICH: Wie lange gilt der Aufnahmestopp für das Flüchtlingslager?
Pröll: Der Aufnahmestopp ist zeitlich nicht limitiert. Diese Maßnahme wird erst dann aufgehoben, wenn wieder zumutbare Umstände im Lager Traiskirchen herrschen.
ÖSTERREICH: Wie stellen Sie sich eine Lösung vor?
Pröll: Das Problem könnte man lösen, indem leer stehende Kasernen – zumindest vorübergehend – als Quartiere adaptiert werden, um eine Entlastung zu erreichen.
ÖSTERREICH: Minister Klug bietet diese zum Verkauf an.
Pröll: Was soll das für eine Zusammenarbeit in einer Bundesregierung sein, wenn ein Minister sagt: „Wenn du Kasernen brauchst, dann kauf’ dir welche.“ Da ist der Bundeskanzler als Regierungschef in seiner Koordinationsverpflichtung gefordert.
(vie)
Das sagt Faymann zum Aufnahmestopp
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zum Aufnahmestopp in Traiskirchen?
Werner Faymann: Wir bauchen das, was die Bundesländer versprochen haben. Verträge sind einzuhalten, sechs von neun Ländern tun das aber nicht. Es kann nicht sein, dass es in Traiskirchen immer mehr werden, weil andere ihre Verpflichtungen nicht erfüllen. Man kann nicht sagen, 85 Prozent der Quote sind auch schön. Gut ist es erst, wenn es 100 Prozent sind.
ÖSTERREICH: Der niederösterreichische Landeshauptmann Pröll ruft in der Angelegenheit nach dem Regierungschef, also nach Ihnen …
Faymann: Pröll braucht mich offenbar. Der Regierungschef ist immer gefordert, aber wenn manche ihre Verträge nicht erfüllen, hat der Regierungschef seine Ministerin zu unterstützen. Das tue ich aus Überzeugung. Übrigens erfüllt auch Niederösterreich die Quote nicht mehr, wenn die Asylwerber, die in Traiskirchen zu viel sind, auf andere Bundesländer aufgeteilt werden.
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zur Debatte um die Unterbringung in den Kasernen?
Faymann: Die Innenministerin hat über Kasernen nachgedacht, der Verteidigungsminister hilft mit dem, was er zur Verfügung hat. Der Finanzminister hat auch zu Recht gesagt, so etwas darf am Geld nicht scheitern. Aber so einfach können es sich die Länder auch nicht machen.
(knd)