Profi-Meinung
Asylnovelle ist teils verfassungswidrig
12.06.2009
Als Beispiel nennt Verfassungsrechtler Heinz Mayer das Vorhaben, dass Asylwerber schon bei einer Anklage ausgewiesen werden - nicht erst nach einer Verurteilung.
Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer hält Teile der Fremdenrechtsnovelle von ÖVP-Innenministerin Maria Fekter für verfassungswidrig. Besonders kritisiert er das Vorhaben, bei straffällig gewordenen Asylwerbern ein beschleunigtes Verfahren zur Ausweisung einleiten zu können, sobald der Staatsanwalt nur Anklage erhoben hat. "Das ist mit der Genfer Flüchtlingskonvention nicht im Einklang", erklärt der Experte.
Ausweisung nur nach Urteil
Man dürfe Asylwerber nur dann
ausweisen, wenn sie schwere Straftaten begangen und verurteilt worden sind,
stellt Mayer klar. Man müsse bedenken, welche Folgen es für die Betroffenen
habe, wenn sie ausgewiesen werden könnten, nur weil ein Strafverfahren gegen
sie eingeleitet wurde. "Das unterläuft ja auch die Unschuldsvermutung."
Er habe "gravierende Bedenken", "das kann so wohl nicht halten".
Schutzverlust bei Folgeantrag okay
Als "berechtigt"
sieht Mayer hingegen die geplante Änderung bei den Folgeanträgen. Fekter
möchte, dass es - von Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich keinen Schutz mehr
gibt, wenn ein Folgeantrag innerhalb von zehn Tagen vor der Abschiebung
eingebracht wird. "Folgeanträge können problematisch sein",
meint der Verfassungsexperte. Da die Asylverfahren so lange dauern würden,
könne sich die Situation im Heimatland des Asylwerbers während des
Verfahrens ändern. Um dieses Problem zu lösen, müsse man aber vor allem bei
der Dauer der Verfahren ansetzen, glaubt Mayer.
Mayers Kollegen Bernd-Christian Funk und Theo Öhlinger wollen mit einer Bewertung der Novelle warten, bis der entsprechende Text im Detail vorliegt. Bis jetzt erkenne er aber schon "einige Punkte, die nachdenklich stimmen", meint Funk. "Es scheint wieder auf eine Verschärfung hinauszulaufen." Ebenfalls in Grund und Boden kritisiert wird die Reform von Caritas, Asylanwaltschaft, SJ und der Kinderstimme.
ÖVP stärkt Fekter den Rücken
ÖVP-Sicherheitssprecher
Günter Kössl verteidigt den Entwurf seiner Parteifreundin und widerspricht
den Verfassungsrechtlern. Sie sollten den Text erst lesen. Der schwarze
abgeordnete Hermann Gahr hält Fekter ebenfalls die Stange und bezeichnet
ihre Pläne als "absolut richtig".
SPÖ hofft auf kürzere Verfahren
Die SPÖ geht davon
aus, dass die Fremdenrechtsnovelle nächstes Jahr inkrafttreten kann.
Grundsätzlich enthält der Fekter-Entwurf "Dinge, die im
Regierungsübereinkommen vorgesehen sind", so
SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl. Zur Altersfeststellung per Röntgen meint
er: "Wenn die Medizin sagt, das geht ok, kann kein Haar in der Suppe
sein." Ziel der Novelle und des Röntgen sei, die lange Verfahrensdauer "in
Griff zu kriegen". So würde man nicht für eine Altersfeststellung
Monate brauchen.
FPÖ sieht keine Lösung
Die Opposition wettert weiter.
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wiederholt seine Kritik: Er glaubt nicht,
dass mit den neuen Bestimmungen die Problematik der Folgeanträge gelöst
werde, und befürchtet weiterhin eine Verschleppung der Asylverfahren.
Grüne schützen Unschuldige
Für die Grüne
Menschenrechtssprecherin Alev Korun wird die Unschuldsvermutung, die bis zu
einer rechtskräftigen Verurteilung zu gelten hat, bei Asylwerbern weiter
ausgehöhlt. Bei bloßem Verdacht auf Straffälligkeit, auch bei kleineren
Delikten, soll das Ausweisungsverfahren eingeleitet werden. "Ein faires
Asylverfahren ist das nicht mehr", so Korun.