Nach einer Kreditschädigungs-Klage des ehemaligen Steuerberaters von Hans-Peter Martin prüft die Staatsanwaltschaft das weitere Vorgehen.
Gegen den Europa-Abgeordneten Hans-Peter Martin gibt es nun einen ersten Auslieferungsantrag der österreichischen Justiz an das EU-Parlament. Das Wiener Landesgericht für Strafsachen hat in Straßburg um Aufhebung der parlamentarischen Immunität des parteifreien Mandatars angesucht. Das wurde von Gericht und Justizministerium bestätigt. Grund: Martins früherer Steuerberater hatte den Abgeordneten wegen Kreditschädigung geklagt, weil dieser die Kanzlei für die angeblich fehlerhafte Abrechnung seiner Sekretariatszulage beim EU-Parlament verantwortlich gemacht hatte.
EU zeigte Martin 2004 wegen Betrugsverdachts an
Die Klage steht
nur indirekt im Zusammenhang mit den Ermittlungen der österreichischen
Justiz gegen Martin: Das EU-Betrugsbekämpfungsamt OLAF hatte den
Europa-Abgeordneten im Dezember 2004 wegen Betrugsverdachts in Zusammenhang
mit seiner Sekretariatszulage angezeigt. Die Staatsanwaltschaft hat ihre
Ermittlungen mittlerweile abgeschlossen. Das EU-Parlament hat in diesem
Zusammenhang mittlerweile die Rückforderung von 163.381 Euro eingeleitet,
wogegen Martin beim Europäischen Gerichtshof geklagt hat.
"Angebliche Formfehler"
Martin führte die Vorwürfe
stets auf "angebliche Formfehler" zurück, die in der Substanz nicht ihm
anzulasten seien, sondern seinem damaligen Kontenbetreuer Christoph
Matznetter - heute Finanzstaatssekretär - bzw. dessen damaliger Kanzlei
Merkur Treuhand. Wegen dieser Aussage klagte Merkur Treuhand seinen früheren
Klienten auf Kreditschädigung, was nun zum Antrag auf Aufhebung seiner
Immunität führte.
Martin: "Rufmord"
Während Merkur Treuhand trotz Anfrage
zu keiner Stellungnahme bereit war, weist Martin die Vorwürfe zurück und
spricht von "Rufmord". Der Abgeordnete beruft sich darauf, dass das
Europäische Parlament in seiner Entscheidung zur Sekretariatszulage von
"Formfehlern" gesprochen und die Merkur Treuhand namentlich erwähnt habe.
Diese Vorwürfe des Parlaments an die Steuerberatungskanzlei habe er
wiedergegeben. "Deswegen die Aufhebung meiner Immunität zu beantragen, das
ist Chuzpe", so Martin, der nun seinerseits die Kanzlei klagen will.
Ungewöhnliche Vorgehensweise
Beim Europäischen Parlament in
Straßburg ist der Auslieferungsantrag des Straflandesgerichts noch nicht
eingetroffen. Ein möglicher Grund ist der lange Dienstweg vom
Straflandesgericht über das Justizministerium und das Außenministerium ans
EU-Parlament. Das Justizministerium hat den Antrag am 5. September an das
Außenministerium weitergeleitet. Allerdings wundert sich Martins Anwalt,
dass überhaupt ein derartiger Antrag gestellt wurde, weil ein derartiges
Vorgehen bei Kreditschädigung nicht nötig sei.
Unschuldsvermutung
Unklar ist vorerst, wie die Staatsanwaltschaft
im Zusammenhang mit Martins Sekretariatszulage weiter vorgehen möchte. Die
Ermittlungen zum Betrugsvorwurf von OLAF sind mittlerweile abgeschlossen.
Der vertrauliche Vorhabensbericht über die weitere Vorgehensweise wird noch
im Justizministerium geprüft. Für Martin gilt die Unschuldsvermutung.