Die Libyen-Debatte im Nationalrat war mit einem Schuss Innenpolitik gewürzt.
Nicht einmal den Aufständen im arabischen Raum begegnet die österreichische Politik mit Einigkeit. In einer Nationalratsdebatte Dienstagvormittag beklagten FPÖ und BZÖ, dass international zu wenig getan werde, um drohende Flüchtlingsströme aus der Region abzuwehren. Die Grünen wiederum wollen von den Kärntner Freiheitlichen, dass allfällige Parteispenden aus Libyen offen gelegt werden.
Evakuierung von Österreichern
Basis der Debatte war eine Erklärung von Außenminister Michael Spindelegger (V), der vor allem die Evakuierung der österreichischen Bürger aus der Krisenregion würdigte. Bürger vieler anderer Staaten, die noch immer festsäßen, hätten sich gefreut, wenn ihr Heimatland ebenso rasch reagiert hätte.
Zuversichtlich zeigte sich Spindelegger, dass die Verantwortlichen für die blutige Gewalt gegen die Bevölkerung in Libyen persönlich ihre Verantwortung vor dem Internationalen Strafgerichtshof übernehmen werden müssten. Sicher ist der Außenminister, dass die UNO-Generalversammlung demnächst eine Suspendierung Libyens im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen aussprechen wird.
Schüssel kritisiert
Der außenpolitische Sprecher der ÖVP, Wolfgang Schüssel, kritisierte, dass Libyen überhaupt in dieses Gremium gekommen war als "absolut sinnlos". Es habe sich dabei um einen der vielen Fehler Europas und der USA in Bezug auf das Regime in Tripolis gehandelt. Ebenfalls als falsch bezeichnete es der Altkanzler, dass 2003 das Waffenembargo gegen Libyen aufgehoben worden sei.
Scheinheiligkeit
In diesem Zusammenhang sprach auch Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig von Scheinheiligkeit. Die Grünen meinen, dass auch Österreich bis zuletzt militärische Lieferungen erfolgt sind. Ebenso einmal mehr kritisiert wurde von der Grünen-Chefin die Kürzung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit. Damit setze sich die Regierung dem Vorwurf aus, dass ihr das Schicksal der Bevölkerung in der Region gleichgültig sei.
FPÖ und BZÖ wiederum zeigten sich vornehmlich besorgt, dass die Bürger in den umkämpften Ländern nach Österreich fliehen könnten. Österreich habe sein Soll bei der Aufnahme von Flüchtlingen seit Jahrzehnten über Gebühr erfüllt, betonte FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache. Den Menschen im arabischen Raum müsse klar gemacht werden, dass es sinnvoller sei, sich am Wiederaufbau in ihren Ländern zu beteiligen, ergänzte BZÖ-Klubobmann Josef Bucher.
Österreichische Soldaten
Ein klares Nein der Freiheitlichen gab es zu einem möglichen Einsatz österreichischer Soldaten im Rahmen einer von der EU geführten Friedensmission in Libyen. Strache sähe darin einen Bruch des Neutralitätsgesetzes: "Österreichische Soldaten haben in bewaffneten Konflikten im Ausland nichts verloren." SPÖ-Klubchef Josef Cap verwies auf die Sinnhaftigkeit eines Friedenseinsatzes, da nur auf diesem Weg die Demokratie in den Ländern der Region etabliert werden könne. Hier ergebe sich die Chance, dass die Wertegemeinschaft Europas den gesamten Mittelmeerraum umfassen könnte. Mit der Neutralität hält Cap einen internationalen Einsatz für vereinbar.
FPÖ und Gaddafi
Unter Beschuss kamen die Freiheitlichen und das BZÖ wegen der traditionell guten Beziehungen vom mittlerweile verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider zum Gaddafi-Regime. Glawischnig erinnerte daran, dass es immer wieder Gerüchte über Zahlungen in Richtung Kärntner Freiheitliche gegeben habe. Die FPÖ sei hier zu Hygiene aufgerufen und solle allfällige Zuwendungen auch dem libyschen Volk zurückgeben.
BZÖ-Obmann Bucher, zu dessen Bündnis die Kärntner Freiheitlichen zu Haiders Zeiten gehörten, wies alle Vorwürfe zurück und erinnerte daran, dass nicht nur der Kärntner Landeshauptmann in Kontakt mit dem Regime in Tripolis gestanden sei. Es habe in den vergangenen Jahren kaum einen internationalen Regierungschef gegeben, der nicht in Libyen wirtschaftliche Interessen für sein Land vertreten habe. Und der Türöffner für Gaddafi sei ohnehin Bruno Kreisky gewesen.