Pflegedemo
Aufstand gegen den Kanzler
11.03.2008
Das Murren in der SPÖ gegen den Kanzler wird immer lauter: Eine Demo der Pfleger geriet gestern stellenweise zur Anti-Gusenbauer-Demo.
In der SPÖ brodelt es nach der Wahlniederlage in Niederösterreich weiter. Der Verlust von knapp acht Prozentpunkten sitzt den Genossen tief in den Knochen. Das Unbehagen und die Kritik an Parteichef und Kanzler Alfred Gusenbauer haben am Dienstag auch den Parlamentsklub erreicht.
Protest im Klub
Klubchef Josef Cap versuchte das Thema
Niederösterreich peinlich zu vermeiden und betete die
Nationalrats-Tagesordnung herunter – hatte aber nicht mit dem Widerstand der
Abgeordneten gerechnet: Einige ältere SPÖ-Mandatare forderten vehement eine
Debatte über die Gründe der Wahlniederlage ein. Ein roter Abgeordneter: „Das
ist ja schrecklich, wie wenn ein Angehöriger gestorben wäre. Die Trauer ist
groß und man redet nicht darüber.“ Cap kam die Zeit zugute. Weil die
Abgeordneten zur Nationalratssitzung mussten, konnte er den Protest
abwürgen. „Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, sagt ein anderer
SPÖ-Abgeordneter drohend.
Kanzler fehlte
Was einige Klubmitglieder jedenfalls stark
irritierte: Der Parteichef und Kanzler selbst fehlte bei der Klubsitzung. Er
habe Schnupfen, hieß es zunächst, allerdings saß Gusenbauer dann am frühen
Nachmittag im Kanzleramt sehr wohl bei der Ministerrats-Vorbesprechung.
ÖGB mobilisiert
Fast zeitgleich geriet eine
Gewerkschaftsdemo mit fast 1.000 Pflegern gegen die neue Pflegelösung
stellenweise zur Anti-Gusi-Demo. Dabei sollte vor allem
ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky das Ziel des Protests sein. Doch
besonders die rote Gewerkschaftsjugend hatte viel Fantasie aufgeboten, um
Gusi auf die Schaufel zu nehmen: „Bei Freiflug und Spargelessen habt ihr
eure Pflicht vergessen“, stand auf den Plakaten. Auch der Wahlslogan „Mehr
Fairness“ kam unter die Räder: „Neue Fairness braucht das Land? Dann gebt
sie uns doch in die Hand.“
Länderprotest
Auch in den Ländern gärt es: Oberösterreichs
Sozial-Landesrat Josef Ackerl sagt im ÖSTERREICH-Interview: „Gusenbauer muss
sich sehr bemühen. Seine Situation ist sicher nicht erfreulich und hat sich
durch den Sager vom ,Gesudere' auch nicht verbessert.“ Er müsse jetzt
endlich „Volkskanzler“ werden.
Kurs halten
Die Gemüter beruhigen will Tirols SPÖ-Chef Hannes
Gschwentner: „Seit Gusenbauer die Ansage mit der Steuerreform 2009 gemacht
hat, hat er an der Basis Rückenwind.“ Doch auch Gschwentner meint: „Den Kurs
halten muss er schon.“