In den Regierungsparteien wächst der Widerstand gegen die Gesundheitsreform: Es kann sogar sein, dass die Reform im Parlament durchfällt.
Die große Reform wackelt. Nach massiven Protesten der ÖVP-Arbeitnehmer im Parlament greift der koalitionsinterne Aufstand gegen die Krankenkassenreform auf die SPÖ über: Ein Besuch in Linz geriet gestern für ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer zum Spießrutenlauf. Oberösterreichische ÖGB-Vertreter protestierten gegen den Umbau der Sozialversicherung, der dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger ein Durchgriffsrecht auf die Länderkassen geben soll.
Keine Mehrheit
Doch abseits von Demonstrationen könnte es für die
Gesundheitsreform auch im Parlament eng werden: Angestachelt von ihrer
Landeskasse kündigten drei rote Nationalräte aus Oberösterreich an, im
Parlament gegen das Kassenpaket stimmen zu wollen.
Gewerkschafter Hermann Krist attackiert in ÖSTERREICH den ÖGB-Präsidenten: „Ich bin furchtbar verärgert. Der ÖGB-Präsident hat den Klub nicht richtig informiert. Ich bin derzeit der Meinung, im Nationalrat gegen das Papier zu stimmen.“ Seine Parteifreunde Bettina Stadelbauer und Dietmar Keck wollen gegen die Reform stimmen.
Kdolsky-Rückzieher
Schon seit Tagen mobilisiert der ÖAAB
gegen die Entmachtung der Länderkassen, weil viele schwarze
Arbeitnehmer-Funktionäre um ihren Einflussbereich bangen. ÖAAB-General
Werner Amon zeigte sich gegenüber ÖSTERREICH überzeugt, dass das
Reformpapier im ÖVP-Klub keine Mehrheit habe. Und Gesundheitsministerin
Andrea Kdolsky stellt sogar die Patientenquittung infrage: Solange es keine
klare Definition gebe, was auf der Rechnung enthalten sein soll, sei das
„nicht umsetzbar“. Auch gegen diesen Teil der Reform werden die Ärzte auf
die Straße gehen, am 3. Juni soll es eine Demo geben.
Parteichefs lassen aus
Tatsächlich gibt von den jeweiligen
Parteiführungen kaum Anstrengungen, die Proteste unter Kontrolle zu
bekommen: Kanzler Alfred Gusenbauer weilt noch in Südamerika – und ÖVP-Chef
Wilhelm Molterer lud bei seiner gestrigen Hofburg-Rede die Kritiker ein,
mitzudiskutieren: „Nur Nein zu sagen, ist zu wenig.“
Zur Verteidigung des Papiers rückte als einziger Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl (ÖVP) aus. Er forderte die Länder auf, auch bei ihren Spitälern zu sparen.