Privilegiert
Aus für Diplomaten-Reisepässe
13.01.2012
Mehrere Dutzend Ex-Minister verlieren in Kürze ihre Pässe.
Ab Dienstag dürfen Ex-Regierungsmitglieder keine Dienstpässe mehr erhalten. Sie gelten ab sofort nur mehr für aktive Minister.
Vergangene Woche war es für Michael Spindelegger noch ein „Pipifax“-Thema, nun wurde der öffentliche Druck zu groß: ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger zieht nun eindeutige Konsequenzen aus der sogenannten Diplomatenpass-Affäre. Alle Ex-Politiker, die bisher über einen Dienstpass verfügt haben, müssen diesen zurückgeben.
In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass ehemalige Regierungsmitglieder, die inzwischen im Visier der Justiz stehen – wie Ex-FPÖ-Finanzminister Karl-Heinz Grasser oder ÖVP-Innenminister Ernst Strasser –, weiter ungeniert die Privilegien eines Diplomatenpasses genießen.
Upgrading
Damit sind nicht nur Annehmlichkeiten wie kein Schlangestehen am Flughafen oder automatisches Upgrading in Luxushotels verbunden – für Träger solcher Dienstpässe gibt es auch keinen Visumzwang, und in der Regel dürfen sie auch unkontrolliert durch den Zoll.
Bei Politikern, die in brisante Strafverfahren verwickelt sind (es gilt die Unschuldsvermutung), kann so ein Diplomatenpass also praktisch sein.
Waffenlobbyist. Zum endgültigen Stimmungsumschwung bei Spindelegger kam es, als bekannt wurde, dass auch der Ehemann von Ex-Ministerin Maria Rauch-Kallat, Waffenlobbyist Graf Ali Mensdorff-Pouilly, so einen Pass besitzt.
Der ÖVP-Chef wird deshalb am kommenden Dienstag die neue Regelung beantragen, wonach die Privilegien-Pässe nur mehr für aktive Regierungsmitglieder und Diplomaten ausgestellt werden.
Mehrere Dutzend Ex-Regierungsmitglieder, darunter auffallend viele der Anti-Privilegien-Partei FPÖ, müssen ihre Dokumente zurückgeben: Ex-FP-Verteidigungsminister Herbert Scheibner, Ex-FP-Justizminister Dieter Böhmdorfer, Ex-FP-Vizekanzler Herbert Haupt, Ex-FP-Infrastrukturministerin Monika Forstinger, Ex-FP-Sozialministerin Ursula Haubner und der ehemalige blaue Staatssekretär Eduard Mainoni reisten bisher alle mit dem angenehmen Dienstpass.
Vranitzky sauer
SPÖ-Geschäftsführer Günther Kräuter regte sogar an, die Causa im U-Ausschuss zu behandeln. Damit machte er sich in seiner Partei nicht nur Freunde. Ex-Innenminister Karl Blecha versteht nicht, warum er den Pass zurückgeben muss, und Ex-Kanzler Franz Vranitzky erklärte in der Kleinen Zeitung, der Pass sei „ein Symbol der Wertschätzung“. Auf Kräuter angesprochen, reagierte er mürrisch: „Der gehört ja auch zum Klub der Ahnungslosen.“