Ausstieg aus UNO-Migrationspaktes wird mit Kritik von Opposition bedacht.
Der angekündigte Ausstieg Österreichs aus dem UNO-Migrationspakt hat am Mittwoch in der einheimischen Opposition scharfe Kritik hervorgerufen. Lob kam dagegen von der deutschen Partei AfD, die die Berliner Regierung aufforderte, ebenfalls aus dem Pakt auszusteigen.
"Schlecht überlegt"
Der außenpolitische Sprecher der SPÖ, Andreas Schieder, hält die Entscheidung der Regierung für "schlecht überlegt". "Damit löst man keine Probleme, sondern verschließt nur die Augen davor", meinte er in einer Aussendung. Schieder befürchtet zudem, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hiermit "den Ruf Österreichs als verlässlicher Partner der westlichen Wertegemeinschaft beschädigen".
Die Liste Pilz kündigte eine "Protestaktion" gegen die Entscheidung an, gab aber zunächst weder Ort noch Zeit bekannt. "Ich lade schon jetzt alle DemokratInnen herzlich dazu ein, sich an dieser Aktion zu beteiligen. Wir werden ehestmöglich die Details bekannt geben", schrieb Parteiobfrau Maria Stern in einer Aussendung.
Alma Zadic, außenpolitische Sprecherin der Partei, beklagte: "Die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung zeigt, dass es ihr wichtiger ist, vordergründig innenpolitisch zu punkten, als die globalen Herausforderungen anzugehen und diese gemeinsam mit anderen Staaten zu bewältigen."
Selbes Eck wie Trump und Orban
Der Integrationslandesrat Oberösterreichs, Rudi Anschober (Grüne), kommentierte die Entscheidung mit den Worten: "Es ist ein Armutszeugnis, dass sich mit der Ablehnung des UN-Migrationspaktes die österreichische Bundesregierung in dasselbe Eck stellt wie (US-Präsident Donald) Trump und (Ungarns Regierungschef Viktor) Orban. Es zeigt aber auch neuerlich deutlich auf, dass ganz offensichtlich Teile der österreichischen Bundesregierung keine Lösungen der Herausforderungen durch Migration wollen", so Anschober in einer Aussendung.
In die selbe Kerbe schlagen auch die NEOS. „Österreich verabschiedet sich heute von der weltpolitischen Bühne – und das einzig und alleine aus parteipolitisch motivierten Gründen“, so NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. „ÖVP und FPÖ haben damit zwei innenpolitische Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Sie lenken von ihrem Rechtsbruch bei den Wahlkampfkosten ab und sie können wieder über ihr Lieblingsthema Migration reden. Dafür nehmen sie in Kauf, Österreichs langjährige, gute Tradition des Multilateralismus zu opfern und sich in eine Reihe mit Trump, Orbán und Kaczynski zu stellen.“
Auch das Österreichische Rote Kreuz beklagte die Entscheidung: "Aus humanitärer Sicht ist es unverständlich und ein falsches Signal, dass es die Bundesregierung nicht geschafft hat, sich zu einem Minimalkonsens der Menschlichkeit durchzuringen, der ausdrücklich unverbindlich ist und auch dazu beitragen soll, Migration in geordnete Bahnen zu lenken", so Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer in einer Mitteilung.
Lob von AfD
Viel Lob kam indes von der rechtspopulistischen AfD in Deutschland. Co-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel forderte umgehend, dass auch Deutschland den Migrationspakt nicht unterzeichnen dürfe. "Nach den USA und Ungarn haben unsere Nachbarn aus Österreich ebenfalls Klarsicht bewiesen und den Globalen Migrationspakt abgelehnt", begrüßte Weidel die Entscheidung in einer Aussendung. "Auch Deutschland darf dieses Machwerk nicht unterzeichnen", das "ein unkalkulierbares Risiko für unser Land und ganz Europa" sei, forderte sie.
Der UNO-Migrationspakt (Global Compact on Migration) war in der ersten Jahreshälfte 2018 auf Regierungsebene unter den UNO-Mitgliedern ausverhandelt worden und soll im Dezember in Marokko verabschiedet werden. Das 34 Seiten lange Dokument soll helfen, Flüchtlingsströme besser zu organisieren und Rechte der Betroffenen zu stärken. Betont wird in dem Papier auch, dass die Souveränität der Nationalstaaten und ihr Recht auf eine selbstständige Gestaltung ihrer Migrationspolitik durch den Pakt nicht angetastet werden soll und keine völkerrechtliche Bindung bestehe. Der Pakt soll bei einer Konferenz am 10. und 11. Dezember in Marokko angenommen werden.
Bei der Einigung auf einen Entwurf im Juli war Österreich noch mit an Bord. In den vergangenen Wochen hatte vor allem die FPÖ gegen das Abkommen mobil gemacht. Ungarn hatte sich bereits im Sommer aus dem Pakt zurückgezogen. Die USA nahmen auf Geheiß von Präsident Donald Trump an den Verhandlungen zum UNO-Migrationspakt gar nicht erst teil.
Freiheitliche jubeln
Der angekündigte Ausstieg Österreichs aus dem Globalen Migrationspakt ist von der FPÖ als großer Erfolg gefeiert worden. Zahlreiche FPÖ-Politiker bejubelten am Mittwoch in Aussendungen die Entscheidung der Bundesregierung, die beim Ministerrat beschlossen werden soll.
Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache bedankte sich in einem Text auf Facebook bei Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), "dass er meine massiven Bedenken und inhaltlichen Ablehnungsgründe ernst genommen hat und wir gemeinsam den UN-Migrationspakt für Österreich und seine Bevölkerung verhindert haben". Weiter schrieb er: "Österreich nimmt hier eine selbstbewusste Vorreiterrolle für die Selbstbestimmung in Europa ein. Wer nach Österreich kommt, bestimmen auch künftig wir Österreicher selbst."
Video zum Thema:
UNO-Migrationspakt: HC Strache nach Ministerrat
"Ein guter Einstieg in den Tag beginnt mit dem Ausstieg aus dem UN-Migrationspakt", twitterte FPÖ-Co-Generalsekretär und Europaparlamentarier Harald Vilimsky. In einer Aussendung auf der Homepage der FPÖ-Delegation im EU-Parlament zählte er auf, gegen welche Punkte des Paktes sich Österreich wende, "sofern sie über die bestehende österreichische Rechtslage hinausgehen": etwa gegen den Zugang von Migranten zu Grundversorgung, Gesundheitssystem und höherer Bildung, die Erleichterung von Familienzusammenführungen oder die Verfolgung von Hassverbrechen.
EU-Kommision bedauert Ausstieg Österreichs
Nach EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat auch eine Sprecherin der Kommission den Ausstieg Österreichs aus dem Globalen Migrationspakt der UNO bedauert. Sie erklärte am Mittwoch in Brüssel, Migration sei eine globale Herausforderung, die auf globaler Ebene gelöst werden müsse und globale Teilung der Verantwortung bedeute.
Österreich habe bisher äußerst konstruktiv beim Thema Migration gearbeitet. Die EU werde aber weiterhin ihre Linie verfolgen.
Angesprochen darauf, was das für die Unterzeichnung beim Treffen in Marokko bedeute, verwies die Sprecherin darauf, dass der Globale Migrationspakt nicht bindend sei. Die Staaten würden selbst unterschreiben, erklärte sie auf die Frage, ob die EU insgesamt unterzeichnen werde.