In einem genialen "Coup" entmachtete sich Alfred Gusenbauer als Parteichef selbst - um seine Macht als Kanzler zu retten.
Das ganze Wochenende war der Kanzler untergetaucht - er suchte keinen Kontakt zu den Parteigranden Häupl, Voves & Co., die Montag im Präsidium sein Schicksal beraten sollten.
Gusi plante alles selbst
Noch Sonntagabend telefoniert er mit
Faymann und Bures – verrät kein Wort von seinen neuen Plänen. Zu dem
Zeitpunkt hat "Gusi“ den Putsch, den die Gegner gegen ihn überlegten,
längst selbst geplant.
Hier klicken: Österreich-Interview mit Faymann
Um 9.55 Uhr bittet der Kanzler Doris Bures, ihn am Weg vom Kanzleramt in die Partei zu begleiten, und weiht sie am Fußweg als Erste ein. Bures sagt sofort zu.
Angespannte Stimmung
Im Parteipräsidium herrscht am Montag um 10
Uhr extrem angespannte Stimmung. Bei fast allen hatte sich die vage Kunde
vom bevorstehenden "Gusi-Coup“ herumgesprochen – doch keiner war im
Detail informiert. Alle Ländervertreter wollten am Tag des
EM-Schicksalspiels gegen die Deutschen eine Personaldebatte vermeiden – und
das Präsidium um Punkt 12 Uhr wieder verlassen.
Hier klicken: Interview mit dem Kanzler
Die Sitzung beginnt mit einer Diskussion der Tirol-Wahl. Punkt 10.35 Uhr meldet sich der Kanzler mit seinem "Coup" zu Wort.
Gusi legt los: Die Kommunikation in der Partei sei schlecht, für einen Kanzler sei das nicht zu schaffen - er schlage deshalb vor, Werner Faymann sofort zum vorerst geschäftsführenden SPÖ-Parteichef zu machen. Und ihm als Unterstützung "die Beste aus unserem Team“, nämlich Doris Bures, als alleinige Geschäftsführerin zu geben.
Spitzenkandidat
Er selbst werde "für die ganze Periode“
Kanzler bleiben und "gehe davon aus, dass wir Einigkeit haben, dass ich
Spitzenkandidat für die nächste Nationalratswahl bin“.
Verblüffung
Die auf eine „Inhaltsdiskussion“ eingestellten
Parteigranden reagierten verblüfft. Es gab zaghaften Widerspruch gegen die
Ämtertrennung, „die sich eigentlich nie bewährt hat“. Die wichtigsten
SPÖ-Vertreter – Häupl, Niessl und die Gewerkschafter Hundstorfer und
Haberzettel - waren skeptisch bis ablehnend.
Doch der Kanzler blieb bei seinem Plan. Er wolle die gesamte Regierungszeit als Kanzler ausdienen, Faymann solle als Parteichef kandidieren und am Parteitag "als einziger Kandidat“ antreten.
Faymann sagt Ja
Faymann akzeptierte den Vorschlag unter der
Voraussetzung, dass er Minister und Regierungskoordinator bleibt. Er hat
jetzt die Arbeit, aber ohne den Titel "Kanzler“. Doris Bures war laut
Augenzeugen "den Tränen nahe“, weil sie ihr (extrem erfolgreich
geführtes) Ministeramt abgeben muss.
"Gusi“ selbst hatte wieder einmal "wie eine Katze mit sieben Leben“ seine bevorstehende Entmachtung überlebt. Er regiert weiter, grinste bei der Pressekonferenz wie ein Hutschpferd - und traf gleich (ganz Staatsmann) Angela Merkel, um die EU zu retten.
Die restlichen Parteigranden reagierten verblüfft bis skeptisch. Allgemeiner Tenor: "Faymann soll jetzt zeigen, wie er die Partei führen kann - vor dem Parteitag soll dann die SPÖ-Spitze entscheiden, ob diese Ämtertrennung sinnvoll ist. Vermutlich war das nur ein erster Schritt, bis Faymann einen Job für den Alfred gefunden hat...“